Nach einer guten Stunde inszenierten die Platzanweiserinnen den geordneten Abgang der Theaterbesucher und Burgtheaterdirektor Martin Kušej warf im Vorbeigehen ein „Schön, dass Sie gekommen sind“ von der Bühne. Und im Nu verflogen war auch dieser erste Theaterabend nach den langen Monaten des Lockdowns, wenngleich die Interpretation der slowenischen Regisseurin Mateja  Koležnik eine psychologisch harte Nuss ist. Im Kokon aus Licht (Norbert Piller), Musik (Michael Gumpinger) und Choreografie  (Matija Ferlin) zerbröselt diese Julie von der ausgelassenen jungen Frau zum Nervenbündel, das sich aber vermutlich doch nicht unterkriegen lässt. Heutzutage wäre ein One Night Stand nicht der Rede wert,  ob Julie die Verwicklungen nach der Mittsommernacht mit Jean in den Selbstmord  treiben, bleibt hier offen.

Aus Strindbergs Küche ist ein Badezimmer geworden, durch das Bühnenbildner Raimund Orfeo Voigt in einen Gang schauen lässt. Wie in anderen gemeinsamen Arbeiten ordnet sich  Koležnik auch diesmal dem Raumkonzept unter. So kann man nicht alles sehen, wiewohl man ahnt, dass sich neben dem Bad die Küche befindet. Wenn zwei vertraut miteinander tuscheln, kann man auch nicht alles hören, worauf das Publikum der Köchin Kristin angestrengt lauschend beim Lauschen zusieht. Sarah Viktoria Frick horcht übrigens großartig. Ihre Kristin steht mit beiden Beinen auf dem Boden. Dass sie zutiefst verletzt ist, weil Jean sich mit dem adeligen Fräulein einlässt, schiebt sie knochentrocken beiseite: „Wenn sie (gemeint sind die da oben) nicht besser sind, gibt es für uns keinen Grund besser zu werden.“ 

Bei aller Kürze gibt Koležnik den Charakteren Raum und Zeit, sich zu entwickeln. Maresi Riegner zeigt eine filigrane vibrierende Julie, die nicht weiß, was sie will. Am besten alles.  Itay Tiran legt seinen Jean als jovialen Typ an, der seine Rohheit mit Weltläufigkeit kaschiert. Nachdem Julies Vater wieder zurück ist, sein Schreibtisch aufgebrochen, das letzte Wort gesagt, aber jede Menge zu besprechen wäre, macht Kristin sauber. Dann glänzt das Badezimmer. Aber ansonsten ist der Lack ab.

Das Premierenpublikum applaudierte angetan und ausdauernd.