Zu den "zehn bemerkenswertesten Inszenierungen" des vergangenen Jahres zählen nach Ansicht der Theatertreffen-Jury auch zwei (Ko-)Produktionen aus Wien: Neben Barbara Freys Akademietheater-Inszenierung von Anna Gmeyners "Automatenbüffet" wurde überraschend auch die freie Produktion "Name Her. Eine Suche nach den Frauen +" von Marie Schleef in Kooperation mit Ballhaus Ost (Berlin), Kammerspiele München und dem Kosmos Theater Wien für das 58. Theatertreffen ausgewählt. Wobei es "Automatenbüfett" denkbar knapp auf die Liste geschafft hat: Das Stück war bisher nur ein einziges Mal - bei der Premiere selbst - zu sehen. Direkt danach trat Anfang November der bis heute anhaltende Kultur-Lockdown in Kraft.

Ohne ein einziges Live-Treffen der siebenköpfigen Jury (Cornelia Fiedler, Wolfgang Höbel, Georg Kasch, Andreas Klaeui, Sabine Leucht, Petra Paterno und Franz Wille) sei dieses außergewöhnliche Theaterjahr begleitet worden, schilderte die Leiterin des Theatertreffens, Yvonne Büdenhölzer, bei der heutigen Video-Pressekonferenz, bei der die Juroren aus Wien, Berlin, Zürich, Hamburg, Köln und München zugeschaltet waren. 285 Inszenierungen in 60 Städten seien gesichtet worden, nur rund ein Drittel weniger als in normalen Theaterjahren. Nachdem es im Sichtungszeitraum (27. Jänner 2020 bis 5. Februar 2021) im Wesentlichen nur zwei längere Lockdown-freie Phasen (sechs Wochen vor dem ersten Lockdown sowie Sommer bis Ende Oktober) gegeben habe, wurden erstmals auch Produktionen zugelassen, die ihre Premiere online hatten. Mit "Der Zauberberg" des Deutschen Theaters Berlin und "Show Me A Good Time" von Gob Squad sind auch zwei dieser Produktionen nun in der Auswahl.

50/50-Quote

26 Inszenierungen hatten es auf die Diskussions-Liste geschafft, je 13 davon von Männern und Frauen. In die Endauswahl, die gestern in einer siebenstündigen Videokonferenz beschlossen wurde, haben es sechs Inszenierungen von Frauen geschafft. Die (zumindest) 50/50-Quote werde es auch in den kommenden beiden Jahren geben, führte Büdenhölzer aus. Vier Uraufführungen sind unter den zehn ausgewählten Produktionen, drei aus der freien Szene, und drei Theater(gruppen) sind erstmals mit dabei. Vom Schauspielhaus Zürich und von Deutschen Theater Berlin wurden je zwei Produktionen eingeladen.

Der Intendant der Berliner Festspiele Thomas Oberender nannte das abgelaufene Jahr "ein Wendejahr" in vieler Hinsicht. So habe Corona die Theater und die Theaterschaffenden in Netz gebracht und neue Infrastrukturen entstehen lassen, die bleiben würden. Zudem habe "Corona viele von uns wieder politisiert". "Entsprechend dem dynamischen Pandemiegeschehen und den sich fortlaufend verändernden Bedingungen" seien neben einer digitalen Festivalausgabe im Mai derzeit unterschiedliche Festival-Szenarien in Planung, hieß es heute. Über genaue Zeit und Art des 58. Theatertreffens soll voraussichtlich im März entschieden werden.

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