An solchen Abenden machen Schwarzhändler sonst ihr großes Geschäft. Anna Netrebko kann singen, was sie will, das Haus ist voll, die Kassen auch. Am Sonntag sang sie zum ersten Mal in Wien Puccinis "Tosca", an ihrer Seite ihr Mann. Yusif Eyvazov ist ebenfalls zum ersten Mal in Wien als Maler Caravadossi zu hören. Auch Wolfgang Koch hat an der Staatsoper noch nie den Scarpia gesungen, die Rolle des finstersten Polizeidirektors der Operngeschichte.

Koch versucht erst gar nicht, die Brutalität des Folterers mit Charme zu verbrämen. Sie bricht immer wieder in rauem Sprechgesang durch und verbreitet Furcht und Schrecken. Die drei Protagonisten des Abends begnügen sich nie mit Schöngesang, sie gestalten ein packendes Freiheitsdrama, das alle drei das Leben kostet. Mit hörbarer Lust folgte das Staatsopernorchester Bertrand de Billys straffer und unsentimentaler Deutung der Partitur. Auch er legt den Fokus auf den politischen Krimi, der Tosca im Kern ist.

Die alte, aber immer noch schlüssige Inszenierung von Margarethe Wallmann, die seit der Premiere in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zum 619. Mal auf dem Spielplan stand, musste extra hell ausgeleuchtet werden, damit die neun Kameras des ORF die düsteren Bilder überhaupt einfangen konnten.

Dass der Saal trotzdem gähnend leer bleiben musste, war dem Lockdown geschuldet. Nur an den Einschaltziffern von ORF III wird sich die Popularität des Werks und seiner Protagonisten ablesen lassen. Die Produktion wird noch eine Woche in der TVThek des ORF zu sehen sein, dann muss sie aus rechtlichen Gründen verschwinden, auch eine DVD ist nicht geplant. So bleibt der Abend als einmaliges Luxusereignis im Erinnerung für die gut zwei Dutzend Menschen, die live daran teilnehmen konnten.