Eigentlich könnte die Nachtkritik hier schon enden. Die musikalisch-theatralische Vitalitätsinjektion, die das lückenlos wunderbare Ensemble dem dankbaren Publikum an diesem Mittwoch-Abend verabreichte, lässt sich nur schwer adäquat beschreiben.

In Europa diese Gershwin-Oper aufzuführen, die nach dem Wunsch des Komponisten eben nicht von schwarz geschminkten Weißen geboten werden sollte, ist schwierig. Das Theater an der Wien hält sich nahezu durchgehend an die Vorschrift und macht so verständlich, dass sie nicht politischer correctness entspringt, sondern gute künstlerische Gründe dafür sprechen.

Wie sich die Sängerinnen und Tänzer unter der temperamentvollen musikalischen Leitung von Wayne Marshall bewegen, wie sie Gospels intonieren oder Gott anflehen, wäre vom feinsten Wiener Chor nicht zu erreichen. So gut Gershwin das musikalische und sprachliche Idiom der Schwarzen in den USA studiert und nachempfunden hat, so problematisch ist die Interpretation dieser Rollen durch weiße Darsteller.

Katrin Lea Tag hat für Regisseur Mathew Wild ein wunderbar einfaches Bühnenbild gebaut. Ein drehbarer riesiger Turm aus Containern ist Porgys Dorf. Hier entfaltet Mathew Wild, der junge künstlerische Leiter der Capetown-Opera, die Tragödie des von Jugend an verkrüppelten Porgy und der von Drogen und gewalttätigen Männern zerstörten Bess. Um sie herum pulsiert ganz natürlich das Dorfleben, besetzt mit feinsten Solisten, die zusammen auch den Chor ergeben.

Im Graben sitzt das "Wiener Kammerorchester special extended", das mit Präzision, Swing und spürbarer Lust am Rhythmus den Teppich für das Sängerfest ausbreitet. Eric Greene ist ein hühnenhafter, vom Leiden nicht gebeugter Porgy mit gewaltiger Stimme, Jeanine de Bique eine zarte, hochattraktive Bess mit strahlendem Sopran. Sportin`Life und Crown, die Männer, die ihr Ende bedeuten, stehen den beiden um nichts nach. Trompetenhaft der Tenor Zwakele Tshabalalas, der den Drogendealer wunderbar schleimig darstellt. Alle Schattierungen von Verführung bis roher Gewalt kann Norman Garrett als Crown aufbieten. Zu lang die Liste der wunderbaren Frauen, Männer und Kinder aus dem Dorf.

Anhaltender Jubel für ein ungetrübtes Opernerlebnis.