Oper für Kinder - das klingt für Eltern oftmals nach: Kinder zum Stillsitzen anhalten und dabei auch noch zum Leisesein. Dass es auch anders geht, zeigen zwei Opernproduktionen für Kinder in Wien.

Theater an der Wien 

"Papagena jagt die Fledermaus" heißt ein Opernabenteuer für Sechs- bis Zehnjährige, das als launige Backstageführung angelegt ist. Bekannte Stücke von Strauss und Mozart begleiten die Jagd nach der frechen Fledermaus und führen vor, neben, hinter, unter und schließlich auf die Bühne: An der "Zauberflöte" und der "Fledermaus" haben sich die Macher (Anna Katharina Bernreitner & Catherine Leiter, Arrangements von Leonard Eröd) frank und frei bedient und aus ihren Figuren, Texten und Melodien eine eigene Geschichte gebastelt. Die geht so: Der gelangweilte Prinz Orlofsky (Savva Tikhonov) lädt zur dicken Geburtstagsparty in sein Opernhaus, als sich eine mysteriöse Fledermaus (Ivan Zinoviev) bemerkbar macht. Bösewicht oder doch nur ein Streich? Auf jeden Fall muss sie gefangen werden. Dafür stellt sich die weltbeste Vogelfängerin - Papagena (Anita Rosati) - in den Dienst, gemeinsam mit ihrem Lehrbuben Papageno.

Das Abenteuer, das die Kinder zu musikalischen Stationen in Garderoben, Pausenräumen, auf der Galerie, der Hinterbühne, der finsteren Unterbühne, in Gängen und Stiegenaufgängen führt, kann dann entweder im Team von Papagena - hier stammt die Musik mehrheitlich aus der "Zauberflöte" - oder im Team von Orlofsky mit den Zutaten der "Fledermaus" bestritten werden. Ein kleines, aber feines und vor allem mobiles Instrumentalensemble und die ausgezeichneten Sängerdarsteller sorgen vor jeder Kulisse für eine gut bekömmliche Dosis an klassischem Opernflair.

Staatsoper

Es war auch einiges los auf der Studiobühne Walfischgasse, wo ebenfalls am Samstag die Kinderoper "Was ist los bei den Enakos?" ihre Uraufführung erlebte. Das Auftragswerk der Staatsoper aus der Feder von Elisabeth Naske (Musik) und Ela Baumann (Text und Regie) entpuppte sich als rasantes Plädoyer gegen den Gleichschritt, dessen musikalische Vielfalt stellenweise von hohem Tempo ausgebremst wurde.

Sie wolle "nicht Banales", sagte Naske im Vorfeld der Premiere ihrer dritten Kinderoper  - und tatsächlich, banal ist sie auch nicht angelegt, die Geschichte um die pummeligen Enakos, die sich aus lieblichen, wenn auch extrem engen und gleichförmigen Häuschen jeden Tag in den gleichen Tagesablauf stürzen (Bühne und Kostüme: Florian Angerer). Denn in die Handlung um die rundlichen Protagonisten mischt sich schnell Dissonanz, wird doch dreist der schablonenhafte Alltag sabotiert.

Nicht nur die normalen Enakos, gesanglich und darstellerisch gekonnt verkörpert von Kindern der Opernschule der Wiener Staatsoper, sondern auch Oberenako (Igor Onishchenko) sind schwer irritiert. Letzterer donnert als Antipathie-Figur angesichts des Unerwarteten und des drohenden Verlusts seiner Macht meist doch sehr lautstark über die Bühne und lässt die fröhliche, egalitäre Stimmung jäh kippen. Es beginnt ein rasches Pingpong-Spiel der musikalischen Färbungen. Furcht breitet sich auf der Bühne und auch bei dem einen oder anderen jüngeren Besucher der auf Kinder ab sechs Jahren ausgelegten, rund einstündigen Produktion aus.

Dan Paul Dumitrescu gelingt es als einsichtiger Enako-König das Tohuwabohu zu glätten, indem er als gütiger Monarch und beruhigender Bass die neue Vielfalt und Buntheit fördert. Am Ende gab es viel Applaus für die vierte Kinderopern-Uraufführung in der Amtszeit von Staatsoperndirektor Dominique Meyer, die sich als ambitionierter Versuch große Themen rund um Freiheit, Gleichschaltung und dem Durchbrechen von Individualität auf die Kinderoper-Bühne zu heben, entpuppte.