Eine eindringliche wie unterhaltsame Geschichtslektion über Österreichs Zwischenkriegszeit bot die Musiktheater-Uraufführung von "Staatsoperette - Die Austrotragödie" am Dienstagabend bei den Bregenzer Festspielen. Auf der Werkstattbühne lief eine knapp zweistündiges Kaleidoskop ab, in dem die politischen Turbulenzen zwischen 1918 und 1938, teils grotesk überzeichnet, reflektiert wurden.

Der Skandalfilm

Als ORF-Film war "Staatsoperette" 1977 ein Skandal, als Bühnenadaption als Koproduktion mit der Neuen Oper Wien wurde das Stück nun vom Publikum mit Interesse verfolgt und mit großem Beifall aufgenommen. Komponist Otto M. Zykan und Regisseur Franz Novotny hatten vor 40 Jahren scharfzüngig thematisiert, wie und durch wen es zum Bürgerkrieg, zum diktatorischen Ständestaat (Austrofaschismus) und schließlich zum Anschluss an Hitler-Deutschland kommen konnte. Die Zeit war 1977 für eine Aufarbeitung offensichtlich noch nicht reif, der TV-Film geriet zum Skandal und verschwand im Archiv.

Nach Waldheim und anderen Erfahrungen dürfte die Thematik heute weniger Emotionen auslösen, zu weit scheinen die dramatischen Zwischenkriegsjahre entfernt. Michael Mautner und Zykans Weggefährtin Irene Suchy haben "Staatsoperette" nun in zwei Akten und 15 Bildern als Bühnenfassung adaptiert. Zum besseren Verständnis der historischen Zeitumstände wurden ein Kommentator/Erzähler sowie die "Linken" und die "Rechten" als personifizierte politische Lager eingeführt. Tragend bleiben die zentralen und überwiegend tragischen politischen Proponenten von damals.

Regisseur Simon Meusburger gelingt es, die wichtigsten Rollen mittels Handpuppen aus der Werkstatt von Nikolaus Habjan so zu (über)zeichnen, dass die oft verqueren Botschaften und Zitate voll über die Rampe kommen. Die Sänger-Darsteller agieren mit Großmaul-Puppen als Ignaz Seipel, Engelbert Dollfuß, Kurt Schuschnigg, Benito Mussolini oder Adolf Hitler. Otto Bauer, Rüdiger Starhemberg, Anton Rintelen, Koloman Wallisch oder Walter Pfrimer werden ohne Puppen-Verfremdung dargestellt.

Zur nachhaltigen Wirkung des polithistorischen Musiktheaters, dessen Szenen zwischen Schaudern und Lachen, zwischen Situationskomik und Erschrecken pendeln, tragen Dirigent Walter Kobéra am Pult des Amadeus Ensembles Wien sowie der Wiener Kammerchor maßgeblich bei. "Staatsoperette" wird in Bregenz am 4. August noch einmal aufgeführt. Ab 13. September kommt das Stück in der Neuen Oper Wien auf die Bühne.