Die aus dem Lautsprecher tönende Bitte von Jürgen Flimm, das Gedenkkonzert für Herbert von Karajan in Stille ausklingen zu lassen, sollte ein weiteres Applausdebakel verhindern. Der fromme Wunsch des Intendanten ging dennoch nicht ganz in Erfüllung. Als Riccardo Muti nach dem "Deutschen Requiem" von Johannes Brahms die Wiener Philharmoniker mit einer Geste aufforderte, sich zu einer Gedenkminute zu erheben, setzte prompt Beifall ein, den der Dirigent mit energischen Gesten stoppen konnte (was ihm, wie berichtet, zwei Tage zuvor bei der "Zauberflöte" nicht geglückt war). Als er dann das Podium verließ, setzte erneut Applaus ein.

Konzertgepflogenheiten. Noch schlimmer war es am Abend zuvor Vadim Repin ergangen, dem die mit den weltweit üblichen Konzertgepflogenheiten offenkundig nicht vertrauten Zuhörer die "Kreutzer-Sonate" von Ludwig van Beethoven mit Beifall nach jedem Satz zerklatschten. Der russische Geiger, der am 31. August seinen 37. Geburtstag feiern wird, behielt zwar die Nerven, bot aber keine Glanzleistung. Von Nikolai Lugansky mit kristallklarem Klavierspiel unterstützt, musizierte er auf seiner Guarneri del Gesù "von Szerdahely" von 1736 Werke von Béla Bartók, Beethoven und César Franck mit schlankem Ton und souveräner Technik, ohne den Funken überspringen zu lassen.

Taktstock. Das gelang Riccardo Muti mit seiner packenden, sehr theatralisch angelegten Interpretation des "Deutschen Requiems" von Brahms. Auf seinen üblichen Taktstock verzichtend führte er den Wiener Staatsopernchor, die Wiener Philharmoniker und die hervorragenden Vokalsolisten Genia Kühmeier und Peter Mattei zu erschütternden und faszinierenden Glanzleistungen.