Der Tod von Starregisseur Michael Grüber schien das Projekt ernsthaft zu gefährden. Die jetzt seinem Andenken gewidmete Produktion von Salvatore Sciarrinos Oper "Luci mie traditrici" besitzt dennoch eindringliche szenische Qualität und bescherte noch dazu ein unerwartetes Debüt: Rebecca Horn, ursprünglich nur die Ausstatterin dieser Aufführung, führte erstmals Regie und fügte damit ihrer derzeit im Salzburger Rupertinum mit der Ausstellung "Love and Hate" dokumentierten Palette als Zeichnerin, Malerin, Filmerin, Schöpferin von Rauminstallationen und Performancekünstlerin eine weitere Facette hinzu.

Vier singenden Protagonisten. Ihre Inszenierung der Oper "Luci mie traditrici" ("Meine verräterischen Augen"), deren deutscher Titel "Die tödliche Blume" heißt, unternimmt glücklicherweise keinen Versuch, dem handlungsarmen Zweiakter mit Aktionismus zu begegnen. Zentrales Element ihrer Bühne sind neben einem Bett, einem Dornenstrauch mit Rosen und zwei auf Messern stehenden Sesseln zwei riesige, den Altarbereich der Kollegienkirche verdeckende Bilder, die sie mit Projektionen behutsam verändert und belebt. Davor agieren die vier singenden Protagonisten, denen die Regisseurin die von ihr ersonnenen stummen Figuren eines Herzlichts, Falkners und Seelenzerrers hinzufügt, ganz ruhig und mit sparsamen, stets bedeutungsvollen Bewegungen.

Harmonische Kühnheiten. Salvatore Sciarrinos 1998 uraufgeführte Oper handelt vom Renaissancefürsten Carlo Gesualdo, Fürst von Venosa, der 1590 seine Gattin und deren Liebhaber ermordete, als Inhaber der Gerichtsbarkeit aber straffrei blieb und später ausdrucksstarke Madrigale komponierte, deren harmonische Kühnheiten heute noch in Erstaunen setzen. In der Oper steht aber nicht das blutige Geschehen im Vordergrund, sondern das Innenleben des Fürstenpaares. Der 1947 in Palermo geborene italienische Komponist Salvatore Sciarrino, dem die Salzburger Festspiele heuer eine neunteilige Konzertreihe widmen, hat eine Studie über Liebe, Hass, Leidenschaft und Verrat geschaffen, die ihre enorme Intensität nicht aus lautstarker Dramatik bezieht, sondern aus einem ganz filigranen Klanggewebe mit hohem Geräuschanteil. Das Klangforum Wien und Beat Furrer, die im Jahr 2000 für Peter Oswalds Label Kairos die Referenzaufnahme dieses Werks eingespielt haben, realisieren diese Partitur mit einer Akribie und Expressivität, deren Suggestivkraft man sich nicht entziehen kann. Zu den auch an dieser Einspielung beteiligten, Sciarrinos eigentümlichen Vokalstil phänomenal umsetzenden Protagonisten Otto Katzamaier (Il Malaspina), Kai Wessel (Ospite) und Simon Jaunin (Servo) gesellt sich in Salzburg Anna Radziejewska (La Malaspina), die mit geschmeidigem Mezzosopran nahtlos an das hohe Niveau ihrer Kollegen anschließt.