Was ist das Besondere daran, eine Rolle wie die Maria Stuart zu spielen?
FRANZISKA HACKL: Dass es eine Figur ist, die es historisch gab. Sowohl über sie wie über Elisabeth I. weiß man sehr viel, es gibt erstaunlich viele Zeitdokumente, wie zum Beispiel ein ganz genaues Protokoll der Hinrichtung von Maria Stuart. Man kann auch viel über ihr Gefühlsleben erfahren, weil sowohl Maria Stuart als auch Elisabeth I. Gedichte geschrieben haben – und zwar sich teilweise auch gegenseitig. Dazu kommt noch der Briefwechsel. Und das in Verbindung mit den Dingen, die niemand wissen kann, die ganz im Inneren eines Menschen stattfinden und die ich füllen darf mit meiner Fantasie – das ist schon etwas Besonderes.

Sie haben sich also intensiv mit der historischen Figur beschäftigt?
HACKL: Ja, absolut, denn einerseits ist es reizvoll zu wissen, was Schiller dazu erfunden hat, wie etwa das Treffen von Elisabeth I. und Maria, das ja in Wirklichkeit nie stattgefunden hat. Andererseits kann man ganz anders proben, wenn man weiß, in welchem Verhältnis die Figuren zueinander stehen.

Kann man sagen, dass Schiller von Maria Stuart mehr fasziniert war als von Elisabeth I.?
HACKL: Nein. Ich finde natürlich meine Figur faszinierender als Elisabeth (lacht). Man könnte es natürlich so lesen, als ob er parteiisch ist, denn letztlich lässt Elisabeth Maria hinrichten. Aber es sind bei dieser Elisabeth große Zweifel dahinter. Die beiden Königinnen kommen ja auch aus völlig unterschiedlichen Vorleben. Elisabeth war zuerst die Bastard-Tochter, saß im Tower, ist dann doch Königin. Sie ist immer unsicher in ihrer hierarchischen Position. Maria Stuart dagegen war ein paar Tage alt, als ihr Vater starb und sie Königin wurde. Sie durfte in Frankreich aufwachsen, das schöne Leben genießen, Dichter und Musiker um sich scharen. Diese Unterschiede haben die beiden Frauen geprägt.

Ist dieser Kampf zwischen den beiden Königinnen so interessant, weil es zwei Frauen sind?
HACKL: Ja natürlich, auch wenn es nicht das Hauptthema des Stückes ist. Aber es geht schon auch darum, welche Steine einer Frau in den Weg gelegt werden, die an der Macht ist. Es gibt ein sehr interessantes Buch über Elisabeth und Maria Stuart von Anka Muhlstein mit dem Titel „Die Gefahren der Ehe“, das ist eine absolute Empfehlung. Elisabeth hat sich nie verheiratet und wenn man das gelesen hat, versteht man auch warum: Sie hat ihr Herz unterdrückt, um nicht in die Gefahr zu kommen, jemand neben sich zu erhöhen, der ihr dann vielleicht wieder gefährlich wird.

Ist eigentlich eine der beiden Rollen reizvoller als die andere?
HACKL: Nein, es sind beide ganz tolle Frauenrollen. Ich hätte auch die Elisabeth gespielt, wenn Stephanie Mohr mich gefragt hätte.

Sie arbeiten erstmals mit ihr?
HACKL: Ja, wir wollten das schon lange machen und jetzt hat sich endlich diese Gelegenheit ergeben, was mich sehr freut.

Sie sind die Tochter von zwei Schauspielern: Haben Sie manchmal das Gefühl, dass Sie dadurch besser auf die Herausforderungen des Berufs vorbereitet waren?
HACKL: Nein, ich war kein Schauspielerkind, das in Garderoben groß geworden ist. Ich habe eine sehr normale Kindheit gehabt, mir kam der Beruf meiner Eltern auch nicht sehr speziell vor. Natürlich habe ich ein prinzipielles Interesse für Musik, fürs Theater mitbekommen. Aber die Leidenschaft für diesen Beruf kann nicht anerzogen werden, die muss von selbst kommen.

Was ist Ihr nächstes Projekt?
HACKL: Am Theater Basel die „Drei Schwestern“ mit Regisseur Simon Stone, ich werde die Mascha spielen. Da freue ich mich sehr darauf, denn dort ist jetzt Andreas Beck Intendant und viele frühere Kollegen arbeiten dort (Anm.: Beck hat früher das Wiener Schauspielhaus geleitet, wo Hackl bis 2015 Ensemblemitglied war). Das ist schon ein Stückchen Heimat.