Angespannt war die Stimmung, als Literaturnobelpreisträger Peter Handke über seine Haltung zum Krieg in Ex-Jugoslawien befragt wird.

Hören Sie hier ein Audiofile der Pressekonferenz:

Diese Pressekonferenz war der Auftakt der offiziellen Verpflichtungen für die Nobelpreisträger. Elfriede Jelinek hat sich im Jahr 2004 dem Trubel rund um den Nobelpreis noch  verweigert. Die traditionelle Nobelpreis-Lesung wurde vom schwedischen Fernsehen in ihrer Wiener Wohnung aufgezeichnet und in der Akademie in Stockholm vorgeführt. Anders hält es Peter Handke: „Was sich gehört, werde ich mitmachen“, kündigte er im Vorfeld an. So muss er am Dienstag zur Nobelpreis-Verleihung (Beginn um 16.30 Uhr) und beim anschließenden Bankett mit dem schwedischen Königspaar im Frack erscheinen. „Da habe ich ein bissel Sorgen, welche Figur ich darin machen werde“, sagte Handke. Aber immerhin darf er einen besonderen Service in Anspruch nehmen: Zu den Nobelpreisträgern kommt der Schneider ins Hotel, ins noble Grand Hotel, um die Kleidung anzupassen.

Kaum ein Nobelpreis wurde im Vorfeld so heftig diskutiert wie jener an Handke, wobei der Knackpunkt Haltung oder angebliche Haltung Handkes zum Krieg in Ex-Jugoslawien war.

Protestaktionen von bosnischen Kriegsopferverbänden wie den „Müttern von Srebrenica“ sind angekündigt.

Wie heftig wird protestiert werden?

Für ihre Kundgebung auf Stockholms zentralem Platz Sergels Torg, rund 300 Meter vom Schauplatz der Nobelpreisverleihung im Konzerthaus entfernt, hoffen die Veranstalter auf mehrere Tausend Teilnehmer. „Demonstrationen kommen öfter vor, dafür sind wir gerüstet“, sagt Annia Pontikis, Sprecherin der Nobel Foundation, zur Kleinen Zeitung. Bei der Auftakt-Pressekonferenz am Donnerstag referierte man lieber über den Blumenschmuck aus San Remo, die Auftritte der Popsänger Lisa Nilsson und Magnus Carlson oder die noch geheimen Zutaten für die dreigängigen Nobel-Menüs, die Chefkoch Sebastian Gilbrand „von der Spitze bis zur Wurzel“ verarbeiten möchte.

Keine Attacke auf die Zivilgesellschaft

Die Akademie selbst hat auf Aufforderungen von Handke-Kritikern, die Auszeichnung wieder zurückzunehmen, ablehnend reagiert. Man habe „nichts in seinem schriftstellerischen Werk gefunden, das eine Attacke auf die Zivilgesellschaft darstellt oder den Respekt für die Gleichheit aller Menschen infrage stellt“, erklärte Mats Malm, der Ständige Sekretär der Akademie. Selbst das Komitee entzweite der in Kärnten geborene Autor: Zwei der hinzugezogenen externen Experten traten vorzeitig zurück. Gun-Britt Sundström begründete ihren Rückzug auch mit der Wahl Handkes und der innerhalb und außerhalb der Akademie kursierenden Interpretation, „dass die Literatur über der Politik stünde. Diese Haltung ist nicht die meine.“

Die Nobelpreis-Lesung morgen findet unter Ausschluss der Presse statt. Aufgrund der zwei Preisträger habe man sich dazu entschlossen, nur geladene Gäste zuzulassen. Es ist also wahrscheinlich, dass Handkes Frau Sophie Semin sowie seine beiden Töchter Amina und Léocadie den Ausführungen des Nobelpreisträgers ungestört folgen können. Die Weltöffentlichkeit wird trotzdem nicht ganz ausgeschlossen sein: Via Livestream (www.nobelprize.org/2019-nobel-lectures/) wird übertragen. Den Auftakt macht Olga Tokarczuk um 16.45 Uhr, um 17.30 Uhr folgt Handke.

Noch mehr Herausforderungen

Eine wichtige Aufgabe wartet auf Handke dann beim offiziellen Bankett mit allen Preisträgern am Dienstag, an dem immerhin bis zu 1300 Gäste teilnehmen können: Von den Preisträgern wird erwartet, dass sie einen Toast auf Englisch ausbringen.

Davor wird Peter Handke im Nobel-Museum erwartet, wo sich um 13 Uhr die 14 Geehrten heute treffen, je ein Artefakt mitbringen und dem Museum spenden. Was der Kärntner Schriftsteller der Sammlung überlassen wird, ist noch unklar. Auf eines kann Direktorin Erika Lanner aber setzen: Die Preisträgerinnen und Preisträger werden morgen die Unterseite eines Stuhls signieren. Auf Handke kann man sich dann also im Museumsbistro setzen.