Die Leute erschrecken immer, wenn ich lache. Ich bin ja der tragische Dichter“, sagte Paul Celan einmal irritiert. Der Satz mag beiläufig klingen, aber er belegt eine der vielen Miseren, die dem Dichter, abgesehen von den albtraumhaften Schicksalsschlägen, enorm zu schaffen machten. Mit der „Todesfuge“, gipfelnd in dem Vers „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“, schuf er das eindringlichste Gedicht über den Holocaust, dem auch Celans jüdische Eltern zum Opfer fielen.

Das 1952 erschienene Gedicht löste sonderbarste Reaktionen aus. Manche Kritiker schrieben weltfremd von einer „schön gewordenen Verzweiflung“, andere, auch Dichter aus der konservativen „Gruppe 47“, reagierten mit Spott, etliche deutsche Verdrängungsmeister aber fühlten sich durch den „poetischen Schönklang“ von ihren Schuldgefühlen befreit. Ein Hohn auch dies.

„Der Dichter nahm das Leid der Menschheit auf sich und erlöste sie dadurch“, schreibt Helmut Böttiger zynisch in seiner exzellenten Biografie „Celans Zerrissenheit“. Der 1920 im einstigen Geniewinkel Czernowitz im damaligen Großrumänien als Paul Antschel (durch ein Anagramm wurde daraus Celan) geborene Jahrhundertdichter war in der Tat zerrissen und widersprüchlich bis zum Exzess.

Schon wenige Jahre nach Erscheinen der „Todesfuge“ schrieb er, dass dieses Gedicht, sein falsch sitzendes Markenzeichen als Märtyrer, „lesebuchreif gedroschen worden ist“.

Celan, der 1948 völlig mittel- und staatenlos in Paris landete, konnte enorm aufbrausend, ungerecht, uneinsichtig und polemisch sein. Nach einer schauderhaften Plagiatsintrige rund um den Lyriker Ivan Goll fühlte er sich von seinen Dichterfreunden, darunter Grass, Böll und Andersch, völlig im Stich gelassen und warf ihnen sogar „neue Hitlerei“ vor. Umgekehrt suchte er die Nähe zu Antisemiten wie Heidegger und Ernst Jünger.

Der andere Celan, der in seiner Lyrik Rilke, Trakl und die französischen Surrealisten auf einen imposanten, neuen Nenner brachte, schrieb durch seine tragische Liebesgeschichte mit Ingeborg Bachmann, der er unter anderem das derzeit viel zitierte Gedicht „Corona“ widmete, das unglücklichste Dichterpaar-Drama des 20. Jahrhunderts.

Das äußerste Grauen zittere in ihm, schrieb Celan. Er setzte dem, in völliger Isolation, am 19. oder 20. April 1970 ein Ende – er ging in die Seine. „Ein Stern hat wohl noch Licht“, schreibt er in „Engführung“. Der Stern leuchtet immerzu, er hat einen Namen: Celan.