Die Bundeshauptstadt spielt in der Familiengeschichte der Ephrussis eine nicht unwesentliche Rolle. Schließlich wurde das gleichnamige Palais an der Wiener Ringstraße gegenüber der Universität für den Bankier Ignaz von Ephrussi in den Jahren 1872/73 von Theophil Hansen erbaut. Das Gebäude war bis zur Zeit der Nazi-Diktatur Wohnsitz des Wiener Zweigs, wurde aber bereits 1938 "arisiert". Vertreibung und finanzieller Ruin der Familie waren die Folge, Möbel und Kunstwerke wurden geraubt.

Die inzwischen in alle Welt zerstreuten Nachfahren der Familie - darunter der 90-jährige Victor de Waal, der die ersten Lebensjahre noch im Wiener Palais verbracht hat, und dessen Frau sowie sein Sohn Edmund de Waal - trafen nun erstmals seit 1938 in dieser großen Zahl wieder in Wien zusammen. Ludwig sprach von einem "besonderen Ehrgefühl", das er empfinde - nicht zuletzt angesichts der "sehr dunklen schwarzen Kapitel in der Geschichte unserer Stadt". Gerade das Palais Ephrussi sei ein "sichtbares, in Stein gegossenes Dokument dieser Familie", aber "leider auch für den Umgang mit dessen Besitz".

Das Gebäude wurde Anfang der 1950er-Jahre übrigens restituiert, konnte in den Nachkriegsjahren allerdings nur zu einem geringen Preis verkauft werden. Später war es jahrzehntelang Firmensitz der Casinos Austria.

Anlass für den Empfang ist die Ausstellung "Die Ephrussis. Eine Zeitreise", die ab Mittwoch im Jüdischen Museum Wien zu sehen ist. Kernstück dieser Schau ist das Familienarchiv, das die Nachfahren dem Jüdischen Museum als Schenkung im Vorjahr überlassen haben. Darunter befinden sich auch 157 Netsukes - jene aus Holz, Elfenbein oder Knochen geschnitzten japanischen Figuren aus dem Roman "Der Hase mit den Bernsteinaugen".