Der Bachmann-Preis ist geschlagen, der Beginn der Herbstsaison mit Buchmessen und Buchpreisen dagegen noch ganz weit weg: Während die Fußball-WM ins Finale geht, ist die Lage in der heimischen Literaturszene ruhig. Erste wichtige Erscheinungstermine sind Ende Juli. Richtig spannend wird es Anfang September: Das Suhrkamp-Debüt von Philipp Weiss ist das wohl ambitionierteste Projekt dieser Saison.

Auf das nächste Buch der frisch gebackenen Bachmann-Preisträgerin Tanja Maljartschuk muss man bis Februar 2019 warten, wenn Kiepenheuer & Witsch die deutsche Übersetzung ihres in der Ukraine viel gelobten Romans "Vergessenheit" herausbringt. Es geht um den polnischen Philosophen und Politiker Wjatscheslaw Lypynskyj, der 1918 nach Wien kam, um für den jungen ukrainischen Staat erster Botschafter in Österreich zu werden. Ebenfalls erst 2019 wird das nächste Buch der Publikumspreisträgerin Raphaela Edelbauer erscheinen: Die Rechte am 400 Seiten starken Anti-Heimatroman "Das flüssige Land" hat kurz vor dem Bachmann-Wettlesen Klett-Cotta ersteigert.

Erhältlich sind hingegen die beiden Bücher, mit denen am Donnerstag (12. Juli) das Literaturfestival O-Töne im Museumsquartier startet: Sowohl Robert Seethalers Totenrede "Das Feld" als auch Marie Gamillschegs Debütroman "Alles was glänzt" haben gute Kritiken erhalten. Die erste echte Novität wird in diesem Rahmen am 26. Juli präsentiert, wenn "Bis ans Ende, Marie", das bei Kremayr & Scheriau erscheinende Debüt der in Wien lebenden Grazerin Barbara Rieger, vorgestellt wird. Es geht um die innige Freundschaft zweier Frauen. Gleichzeitig erscheint auch Erich Hackls in die Nazizeit führende und wie immer der Realität nachgeschriebene "Heldengeschichte" unter dem Titel "Am Seil" (Diogenes) sowie der Roman "Die Frau auf meiner Schulter" (Zsolnay), in dem Andrea Winkler von einer jungen Frau erzählt, die zur Ruhe zu kommen sucht.

Am 16. August stellt Verena Roßbacher, deren Debüt "Verlangen nach Drachen" 2009 viel Aufmerksamkeit erfuhr, bei den O-Tönen ihren am gleichen Tag bei Kiepenheuer & Witsch erscheinenden "vertrackt unheimlichen und betörend leichtfüßigen" neuen Roman "Ich war Diener im Hause Hobbs" vor. Eine Woche später steht dort Daniel Wissers "Königin der Berge" im Mittelpunkt, die Jung und Jung so bewirbt: "Herzzerreißend komisch erzählt dieser Roman von den letzten Dingen - und den vorletzten und vorvorletzten."

Mit Spannung werden zwei neue Romane heimischer Altstars erwartet, die beide - so wie auch Vladimir Vertlibs Roman mit autobiografischen Zügen "Viktor hilft" (Deuticke) - am 20. August erscheinen: Michael Köhlmeier, dessen Rede zum Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus für großen Aufsehen gesorgt hatte, und Peter Henisch, der am 26. August seinen 75. Geburtstag feiert. Köhlmeiers "Bruder und Schwester Lenobel" sei ein "packender, zugleich tragischer und komischer Roman, das Epos einer Familie und das Porträt einer Epoche", wirbt der Hanser Verlag: "In den skurrilen, verschlungenen Lebensläufen der Geschwister Jetti und Robert, seiner Frau, ihrer Kinder und Freunde erzählt Köhlmeier, wie nur er es versteht, von dem, was jeder sein Leben lang mit sich trägt." Buchpräsentation ist am 13. September im Akademietheater.

Henisch, der zuletzt wieder als Musiker in Erscheinung getreten war, bringt dagegen bei Deuticke mit "Siebeneinhalb Leben" eine Art Weiterschreibung seines 1988 erschienenen Romans "Steins Paranoia". Sein Buch bildet am 30. August gemeinsam mit Bernhard Strobels Romandebüt "Im Vorgarten der Palme" (Droschl) den Abschluss der O-Töne.

Ehe am 15. September mit "Junger Mann" von Wolf Haas (Hoffmann & Campe) einer der mutmaßlichen Bestseller des Herbstes ausgeliefert wird, erscheint am 5. September im Suhrkamp Verlag das wohl ungewöhnlichste Romandebüt der Saison: "Am Weltenrand sitzen die Menschen und lachen" des bisher vor allem als Theaterautor ("Ein schöner Hase ist meistens der Einzellne" (sic) u.a.)hervorgetretenen 36-jährigen Wieners Philipp Weiss umfasst fünf Bände mit insgesamt über 1.000 Seiten, wobei jeder Band ein eigenes Format hat: Enzyklopädie, Notizheft, Erzählung, Transkript und Comic. "Es geht um Verlust und Aufbruch", sagt der Autor. "Alle fünf Bände sind höchst subjektive Weltentwürfe - immer von einer jeweils anderen Figur in der ersten Person erzählt." Denn herkömmliches Erzählen könne die heutige Welt nicht mehr adäquat abbilden: "Wir denken heute nicht mehr so stark in linearen Narrativen, sondern in symbolischen Hyperräumen, in einem komplexen Geflecht aus Bildern und Texten. Dem wollte ich Rechnung tragen."