Bachmann-Lesungen, Tag zwei. Den Abschluss machte der Grazer Fritz Krenn mit seinem Text "Mr. Dog" (nachlesen kann man den Text hier): Ein Autor ist in Berlin zu einer Lesung eingeladen und hat eine unangenehme Begegnung mit einem schwierigen Haushund.

Insa Wilke lobte denn auch gleich einmal die "virtuose Literaturbetrieb-Etüde" und meinte: "Dieser Test ist völlig von gestern". Weil der Autor das aber wisse, könne er sorglos zeigen: "Die Mittel funktionieren nach wie vor." Michael Wiederstein hatte "unglaubliche Schwierigkeiten mit dem Text zu Hause", freut sich aber über die sehr gute Lesung des Textes. Da war sich die Jury übrigens einig: Der Text sei vom Autor grandios vorgetragen worden. Ansonsten herrschte allerdings viel Uneinigkeit bei der siebenköpfigen Jury-Runde.

Klaus Kastberger, der Fritz Krenn eingeladen hat, lobte das Spielerische, die Ungewissenheit und die Abenteuergeschichte. Außerdem seien "die Österreicher immer besonders komisch" in der Literatur. Es sei "ein Text, der sehr sensibel fragt: Wer hat die Macht." Mara Delius gefiel am Text die "Komik", auch Insa Wilke gefällt "diese Form des Humors so gut, weil sie gleichzeitig bitterernst ist. Das ist ein Humor, der mich erreicht."

Verena Gotthardt

Vor der Mittagspause hatte die Kärntnerin Verena Gotthardt ihren Auftritt. Die 25-Jährige, die Fotografie an der Angewandten in Wien studiert, las den stilistisch außergewöhnlichen Text "Die jüngste Zeit" (nachlesen kann man ihn hier). Der Text erzählt anhand von Bildern (Fotografien) aus einer Familiengeschichte - und bekam viel Lob von der Jury. Und zwar vor allem für die Sprache und sein Formprinzip.

"Vorderhand ein Stillleben einer oder mehrerer Idyllen", fand denn auch Michael Wiederstein: "Ich bin dem Text gerne gefolgt", so Wiederstein. Insa Wilke gefällt der "Mut, das so breit zu erzählen" und auch die stilistischen Sprachmittel - aber auf die Länge des Textes würde es durch den Stil (das Fehlen von Subjekten oder Verben) auch schwer werden. Mara Delius, die Verena Gotthardt eingeladen hat, überzeugte die "assoziative Sprache". 

Klaus Kastberger hätte sich ab und zu ein "Hilfszeitwörtchen" gewünscht, aber es ist ein "radikaler Text, weil er sein Formprinzip bis zur absoluten Qual des Lesers durchhält". Es sei ein "einzigartiger Ton, aber noch zu wenig neu". Vea Kaiser hat es gut gefallen, wie "versucht wird, das Vergehen der Zeit zu schildern und dann mit Sprache eine Welt festzuhalten, die es so nicht mehr gibt." Philipp Tingler hat großen Respekt vor dem "Gestaltungswillen".

Schon am ersten Tag wurde angeregt diskutiert, und lebhaft ging es auch am zweiten Lesetag weiter. Den Auftakt machte Leander Steinkopf (eingeladen von Vea Kaiser) mit  dem Text „Ein Fest am See“ (nachzulesen hier). Er erzählt von einem Mann, der zur Hochzeit seiner Ex-Freundin eingeladen wird und seinen Nachfolger kennenlernt. Philipp Tingler lobt die Satire. Brigitte Schwens-Harrant fand den letzten Satz grandios: „Ich habe solche Lust zu Tanzen.“ Sie habe sich unterhalten gefühlt, würde den Text aber nicht ein zweites oder drittes Mal lesen wollen. Klaus Kastberger fand den Text "charmant".

Danach las dann die Berlinerin Anna Prizkau den Text "Frauen im Sanatorium" (den Text gibt es hier), eine "unverschämt trickreiche" Geschichte (so Mara Delius). Insa Wilke fand sich sogar an einen Text von Christine Lavant erinnert.