Seit einigen Tagen ist der Tod von Rap-Ikone Tupac Shakur wieder in aller Munde. Mehr als 27 Jahre nachdem der Musiker durch vier Pistolenschüsse ums Leben gekommen war, könnte der lange anonym gebliebene Todesschütze endlich gefunden sein. Vergangene Woche wurde der mutmaßliche Mörder, ein ehemaliger Gang-Leader, in Los Angeles festgenommen. Da trifft es sich gut, dass auf Disney+ zur selben Zeit eine nagelneue Dokuserie über Tupac erschienen ist. Im Fünfteiler "Dear Mama" wird das Leben des Mannes, der die Hip-Hop-Kultur in ihren Grundfesten erschütterte, aus einem bisher wenig erforschten Blickwinkel beleuchtet.

Noch bevor sich der Wortjongleur einen Platz im Rap-Olymp sicherte, stand er auf gegen soziale Ungerechtigkeit, gegen Polizeigewalt und Diskriminierung. Die politische Ader wurde Tupac, dessen Name auf den indigenen Rebellen Túpac Amaru II zurückgeht, sozusagen in die Wiege gelegt. Seine Mutter Afeni war hochrangiges Mitglied bei der Black Panther Party, die sich mit bewaffnetem Widerstand gegen systematische Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung auflehnte. Als radikale Politaktivistin war Afeni Shakur jedoch vermehrt mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Ende der Sechziger, nur wenige Jahre vor der Geburt ihres Sohnes, musste sie des Terrorverdachts wegen eine Haftstrafe absitzen. Das Verhältnis zwischen Tupac und der 2016 verstorbenen Afeni Shakur war ein kompliziertes, von der späteren Crackabhängigkeit seiner Mutter oft auf die Probe gestellt. Dennoch sah Tupac seine Mutter stets als großes Vorbild: Ihre politische Arbeit bildete den Grundstein für die unverblümte, zum Zeitpunkt des Erscheinens im Mainstream revolutionäre Systemkritik, die sich durch den späteren Songkatalog des Rappers hindurch zieht.

"Dear Mama" (benannt nach dem gleichnamigen Song) ergründet eine symbiotische Mutter-Sohn-Beziehung, in der politischer Widerstand zum treibenden Motor wird. Die miteinander verwobenen Lebensgeschichten von Tupac und der 2016 verstorbenen Afeni Shakur werden parallel zueinander nachgezeichnet. Explosive, ja gar problematische Kapitel werden nicht übersprungen, die Recherchearbeit erweckt einen vollständigen und ungeschönten Eindruck.
In atemloser Erzählrhythmik wechselt Regisseur Allen Hughes zwischen fesselndem Archivmaterial und Gesprächen diverser Wegbegleiter. Eine berauschende Zeitreise durch die sich stetig verändernde Gegenkultur der USA und der Entstehung von Hip-Hop als Mittel der Rebellion – losgelöst von vorgefertigten Machoismen der Szene.