Wie kann man den Menschen Musik näherbringen – zumal Alte Musik, die vor mehr als 250 Jahren geschrieben wurde? Für die drei Gründer von Art House 17 steht es außer Zweifel, dass zwischen den Werken der Alten Musik und dem Heute bisweilen ein so gewaltiger kultureller Graben klafft, dass Interpreten vermittelnd eingreifen müssen. Die drei sind: Michael Hell, Cembalist, Flötist und Professor an der Kunstuni Graz. Thomas Höft, Musikgelehrter, Autor, Regisseur und langjähriger Styriarte-Dramaturg. Und Georg Kroneis, in Graz geborener Musiker und Schauspieler.
Seit 2020 arbeitet das Trio, das davor bei der Grazer Hofkapelle kooperierte, an kontextorientierten Programmen. Thomas Höft: „Wir sind kein Ensemble, sondern eine Runde von Menschen, die darüber nachdenkt, was Kunst ist.“ Nachgedacht wird nicht nur zu dritt, sondern auch im größeren Kreis, mit Gleichgesinnten aus diversen Kunstsparten. Georg Kroneis: „Die Intention ist, eine Aussage zu machen und dem Publikum die Chance zu geben, die Musik zu verstehen.“ Für Michael Hell ist klar: „Ein ,normales‘ Konzert interessiert uns einfach nicht mehr, es gibt immer mehr zu sagen.“

Bestes Beispiel war etwa das unter dem Eindruck der Flüchtlingswelle erst in Köln entstandene interaktive Musiktheater „Musica Fugit“, bei dem das Publikum selbst zur Flüchtlingsgruppe wurde und durch einen Parcours quer durch die Stadt geschickt wurde. Das Projekt kam auch Xavier Vandamme zu Ohren, Leiter des Oude Muziek Utrecht, des weltweit größten Festivals für Musik vom Mittelalter bis zum Barock. Höft: „Er hat gemeint, das ist der größte Unfug, den er jemals gehört hat.“ Höft überzeugte Vandamme aber von der Sinnhaftigkeit, sodass der Intendant Art House nach Utrecht lud. Kroneis: „Bei der Premiere war er so bewegt, dass er drei Mal geweint hat.“

Art House 17 und Utrecht sind seither eine Dauerverbindung eingegangen. Seit fünf Festivals ist man Fixgast im Mekka der Alten Musik, wo die internationale Creme der Szene auftritt – bei 250 Veranstaltungen, zu denen 70.000 Besucher erwartet werden. Art House 17 zeigt als einzige Gruppe eine eigens fürs Festival entstandene theatralische Produktion: Geprobt wurde dafür im Palais Attems in Graz, gezeigt wird „Crocodile Bar“ in Utrecht zehn Mal.

Aber die Bindung ans Festival ist diesmal noch enger: Michael Hell erhielt den Ritterschlag und ist heuer einer von zwei Artists in Residence. Er gibt deshalb auch ein Solokonzert bzw. ein Kammerkonzert, bei dem die Alte-Musik-Legende Dame Emma Kirkby zu Gast ist.

Hell fand erst über die Blockflöte und das Cello zum Cembalo. Das romantisch Schwere der Musik habe er lange nicht ausgehalten und sei deshalb beim Cembalo gelandet: „Bach am modernen Flügel hat für mich nicht gepasst.“ So dogmatisch ist er heute nicht mehr: „Es ist gut, zu wissen, welches Instrument für welche Musik am besten geeignet ist, aber genauso spannend ist es, das wiederum zu brechen.“ Damit benennt Hell wohl auch das Wesen des Zugangs von Art House 17, aus dem historischen Wissen Freiheit zu schöpfen.

Dass alle drei Gründer schwul sind, ist keine Nebensache, sondern hat einen Einfluss auf ihre Arbeit. Konkret in der zweiten Leiste „Fetish Baroque“, wo Hoch- und Subkultur ineinandergeschraubt werden, oder etwa bei der „Queer Passion“ nach J. S. Bach über das Leid der wegen ihrer Sexualität Verfolgten. Ein Bildersturm, der letztlich den Versuch darstellte, die Passionserzählung ins Heute zu holen und durch die „Übermalung“ zu verdeutlichen.