Mit Lisbeth Salander, der Superhackerin und Rächerin aller misshandelten Frauen, hat Stieg Larsson einst eine grandiose Figur geschaffen, die Millionen in ihren Bann gezogen hat. Als Kampfgefährten gegen die verlogene bürgerliche Moral hat er ihr den Aufdeckerjournalisten Mikael Blomkvist zur Seite gestellt. Den Welterfolg seiner Bücher durfte der schwedische Journalist und Autor allerdings nicht mehr erleben: Larsson starb im Jahr 2004 an einem Herzinfarkt, die Trilogie wurde posthum veröffentlicht.

Einen unvollendeten vierten Teil der "Millennium"-Reihe (benannt nach der fiktiven Zeitschrift "Millennium") soll seine Lebensgefährtin Eva Gabrielsson besitzen. Sie verkrachte sich allerdings mit der Familie: Weil sie zwar über 30 Jahre mit Larsson zusammengelebt hatte, aber nicht mit ihm verheiratet war, ging sie nach seinem plötzlichen Tod im Alter von nur 50 Jahren völlig leer aus.

Dass die Familie die Rechte an der Geschichte schließlich weitergab, bezeichnete sie einst als "literarische Schweinerei". Die Fortsetzung übernahm der schwedische Autor David Lagercrantz, der zuletzt Lisbeth Salander in den Infight mit ihrer Schwester Camilla schickte, die das Verbrechersyndikat ihres Vaters weiterführte.

Weltweit über 100 Millionen Bücher wurden von den sechs bisher erschienenen Teilen verkauft. Kein Wunder also, dass nun die nächste Autorin angetreten ist, um die düstere Reihe, die immer nah am Puls der Zeit war, weiterzuerzählen: Karin Smirnoff war vor zwei Jahren auch deshalb eine überraschende Wahl, weil die 58-jährige Autorin über keinerlei Krimierfahrung verfügte. Aber: "Gewalt hat etwas Spannendes an sich. Und Verlockendes", sagte sie.

Im Vorjahr ist Teil sieben in Schweden erschienen und hat sich seitdem über 100.000 Mal dort verkauft. Nun ist auch die deutsche Übersetzung herausgekommen und überzeugt vor allem durch die düstere Atmosphäre, mit der an die Vorgängerromane angeknüpft wird: Auch Smirnoff hat keine Angst vor drastischen Schilderungen. Ihre überzeugend gestalteten Figuren müssen sich mit Rechtsextremismus, Kindesmissbrauch, Vergewaltigung und roher Gewalt auseinandersetzen – und mit dem Kampf um die natürlichen Ressourcen in Nordschweden, wo Smirnoff die Handlung angesiedelt hat.

Blomkvist reist zur Hochzeit seiner Tochter ins fiktive Gasskas, ihr Verlobter ist der zwielichtige Lokalpolitiker Henry Salo, der einen riesigen Windpark plant. Schließlich sei der Strom im Norden "in etwa das, was das Öl für die Norweger ist". Internationale Konzerne wollen mitmischen, und ob sie den Sami dafür die Weideflächen für ihre Rentiere wegnehmen, ist ihnen schlicht egal. Dass Lisbeth in der Gegend landet, hat wiederum mit ihrer Familie zu tun: Sie soll sich überraschend um ihre 13-jährige Nichte Svala kümmern, die sich unter anderem erstaunlich gut mit Zahlen auskennt und ins Visier einer Rockerbande und eines sadistischen, rechtsradikalen Konzernchefs gerät.

Schnelle Brüche und Perspektivenwechsel, tempogetriebene Dialoge und vor allem die kritisch-böse Auseinandersetzung mit hochaktuellen politischen Themen sorgen für Spannung bis zum Schluss – Fortsetzung garantiert.