Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

es ist mir eine riesige Ehre, heute hier stehen zu dürfen und ich tue das stellvertretend für mein Team beim ORF Moskau: Miriam Beller und Carola Schneider und unsere großartigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich halte Journalismus, besonders beim Radio und beim Fernsehen, immer für eine Teamleistung und meinen Kolleginnen und Kollegen gilt mein allergrößter Dank.

Journalismus, das bedeutet in Russland seit dem 24. Februar 2022 auch einen täglichen Drahtseilakt. Sie wissen sicher, dass wir unter Zensurbedingungen arbeiten müssen. Kurz einmal zur Erklärung: Was heißt das eigentlich, Zensur? Zensurgesetze? Anders als in Sowjetzeit sitzt da nicht ein physischer Zensor und liest alle unsere Berichte oder diese Rede, schwärzt dann einige Zeilen. Es funktioniert viel perfider: Wladimir Putin hat Gesetze beschlossen, die so drakonisch sind, dass sie dazu führen, dass alle – nicht nur Journalistinnen und Journalisten – sondern auch die Bevölkerung in einem Klima der Angst, der Willkür und der Einschüchterung leben. In diesem Umfeld gibt es beachtliche Beschränkungen in dem, was man berichten kann und was überhaupt noch Sinn macht, vom russischen Boden aus zu erzählen. Wir müssen deshalb sehr oft Themen an die Redaktion in Wien auslagern oder an den Kollegen Christian Wehrschütz in der Ukraine, um dem Publikum weiterhin einen vollen Blick auf die gesamte Lage zu bieten. Wir in Russland liefern weiterhin das, was wir können, ohne direkt mit der Zensur in Konflikt zu geraten. Das sind Beiträge über die Wirtschaftssanktionen zum Beispiel, die Stimmung im Land – wobei auch das immer schwieriger wird zu berichten, weil man oft nicht weiß, ob die Menschen, mit denen man auf der Straße, in der Küche oder sonst wo redet, einem überhaupt noch die ehrliche Meinung sagen. Das, was sie denken oder ob sie einem das sagen, wo sie glauben, dass sie das am wenigsten in Probleme bringen könnte.

Karim El-Gawhary hat es schon erwähnt. Ich gebe ehrlich zu, dass ich auch finde, dass diese Auszeichnung ein bisschen früh kommt. Ich freue mich wahnsinnig darüber, aber ich hatte es sicher nicht auf meiner Bucketlist bis zum 30er. Umso mehr ist es mir eine Freude und eine Ehre. Ich möchte allen jungen Menschen sagen, dass ich selber weiß, wie es ist, etliche Praktika hintereinander zu machen, Karenzvertretungen. Man steht nach einem Journalismus-Studium oder wenn man in den Journalismus will, oft vor einer Branche, die scheinbar überhaupt keinen Platz hat für einen. Das ist einerseits ein Branchenproblem, das gelöst gehört. Dass Menschen nicht jahrelang im Prekariat arbeiten müssen, dass sie nicht nur mit Praktika abgefertigt werden, sondern dass ihnen auch eine wirkliche Chance gegeben wird. Das halte ich für wahnsinnig wichtig. Die Menschen, die derzeit in Fachhochschulen oder in Universitäten sitzen, sind die Zukunft unserer Medienlandschaft. Wenn ich ihnen irgendwas sagen könnte, dann: Seid mutig, seid selbstkritisch und zeigt, dass ihr es wollt!

Mein Beispiel kann vielleicht ein bisschen zeigen, dass sehr vieles möglich ist, wenn man es sehr, sehr will und sich sehr anstrengt. Zuletzt möchte ich allen danken, denen ich es zu verdanken habe, dass ich hier stehen darf. Das ist in erster Linie der ORF, der es mir ermöglicht hat, in sehr jungen Jahren die Korrespondentenstelle in Moskau anzunehmen. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann möchte ich hier persönlich erwähnen, Pius Strobl von der Konzernsicherheit, der uns immer bestens betreut.

Die Flügel angelegt

Bedanken möchte ich mich auch bei allen Redaktionen und Abteilungen in diesem Haus, die uns immer mit vollem Support unterstützen. Und ganz besonders meine beiden direkten Vorgesetzten: Johannes Marlovits und Hartmut Fiedler; gerade ihn möchte ich herausheben, der für mich ein Mentor war, der mir eine Chance gegeben hat. Das ist extrem wichtig, dass es Leute gibt, die einem die Flügel anlegen, dass man selbst fliegt.

Danken möchte ich auch meinem Journalismus-Professor Thomas Wolkinger von der FH Joanneum Graz, allen meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Kreis der ORF-Korrespondenten. Es ist mir die Ehre meines Lebens in dieser, ich nenne es gerne Klassengemeinschaft, sein zu dürfen. Ich möchte auch dem Magazin "Österreichs Journalist:in" danken und den Kolleginnen und Kollegen aus der Branche, die befunden haben, dass ich heute hier stehen soll.

Meinen Freundinnen und Freunden möchte ich danken und meinen Eltern, die heute hier sind, die mich noch jede so verrückte Idee verfolgen haben lassen, meinen Brüdern Felix und Moritz, die mir immer mit Trost und Rat zur Seite stehen und meiner Freundin, die mich immer bedingungslos unterstützt. Ich gratuliere allen anderen Preisträgerinnen und Preisträgern und wünsche allen noch einen schönen Abend. Danke!