In Graz gilt er seit Jahrzehnten als erste Adresse, wenn es um anspruchsvolle Literatur geht: der familiengeführte Literaturverlag Droschl. Vor nunmehr 20 Jahren hat Annette Knoch das Haus von ihrem Vater Max Droschl übernommen, der die Institution 1978 im Umfeld der "manuskripte" und des Forum Stadtpark gegründet hat. Im Programm finden sich heimische Größen wie Bodo Hell, Ilse Helbich oder Thomas Stangl sowie internationale Autoren wie Lydia Davis oder Oksana Sabuschko.

Begonnen hat damals alles als Liebhaberei: Max Droschl, der in der metallverarbeitenden Industrie arbeitete, gründete "nebenbei" zunächst eine Galerie, später eine Buchhandlung. "Der Umstieg ins Verlagswesen war der damals sehr lebendigen literarischen Szene in Graz geschuldet", so Knoch, die sich noch gut erinnern kann, dass in ihrer Kindheit Literaten und Künstler in ihrem Elternhaus ein und aus gingen. Zunächst gab Droschl die sogenannte "manuskripte Edition" heraus, in der längere Texte von Autoren der von Alfred Kolleritsch geleiteten Literaturzeitschrift in Buchform erschienen. Zu den ersten Autoren zählten etwa Walter Kappacher, Bernhard Hüttenegger und Gerhard Roth. Von Wolfgang Bauer brachte der Droschl-Verlag gar eine Werkausgabe heraus.

Knoch übernimmt offiziell

Gemeinsam mit dem Lektor Rainer Götz etablierte Droschl schließlich ein darüber hinaus reichendes Programm. Als Meilenstein nennt Knoch einen Gedichtband von Peter Waterhouse, "weil der gleich sehr schöne Preise bekommen hat, was eine wichtige Bestätigung am Anfang einer Verlagsgründung ist". Knoch selbst wollte ursprünglich im Bereich des Modedesigns arbeiten, studierte dann aber Kunstgeschichte und Germanistik. Damals fokussierte sich ihr Interesse vor allem auf Typografie und Buchgestaltung. Nach einigen Jahren in Hamburg kehrte sie mit der Geburt ihres ersten Kindes schließlich nach Graz zurück und arbeitete verstärkt im Verlag mit, während sich ihre drei Geschwister in völlig anderen Sparten etablierten.

"Ich habe einfach sehr viel machen können, und mein Vater hat mir viele Freiheiten gelassen", erinnert sie sich. "Das ist, glaube ich, wirklich das Erfolgsrezept, warum in unserem Familienbetrieb diese Übergabe so gut funktioniert hat." Im Jahr 2003 war es schließlich so weit und Knoch hat den Literaturverlag Droschl offiziell übernommen, der ihr heute zu 100 Prozent gehört. Ihr mittlerweile 85-jähriger Vater arbeitet zwar immer noch mit, mischt sich aber im Programm nicht ein. "Er fährt zum Beispiel zur Post oder ins Lager, macht Inventur und hält mir diese Sachen vom Hals", lacht Knoch.

Was den Droschl-Verlag auszeichne, sei "die Liebe zur Sprache, um eine ganz kurze Antwort zu geben", schmunzelt Knoch im APA-Interview. "Wir nehmen uns heraus, konsequent literarische Bücher zu veröffentlichen." Das kleine Team – neben Knoch ist im Literaturverlag Droschl noch der Lektor Christopher Heil angestellt, Henrike Blum ist für Veranstaltungen und Presse in Österreich und der Schweiz zuständig, Julia Marquardt für Presse in Deutschland, weiters arbeitet Max Droschl noch mit – bringt pro Jahr etwa 15 Bücher heraus. "Das sind Bücher, wo ich hinter jeder Seite stehe." Klassische Unterhaltungsliteratur oder Biografien sucht man im Droschl-Programm vergeblich. "In jedem Buch, das wir veröffentlichen, wird etwas erzählt, das einen anderen Weg einschlägt als das Herkömmliche oder das Erwartbare. Es wird formal Neues ausprobiert." Nachsatz: "Das war in der Zeit meines Vaters allerdings wesentlich experimenteller und vielleicht auch risikoreicher."

Der Verlag hat sich auch verändert

Im Laufe der Jahre habe sich der Verlag auch verändert, "weil sich das verlegerische Umfeld und auch das Verkaufsumfeld verändert haben". Es sei manchmal frustrierend, ein Buch zu machen, von dem nur wenige Exemplare verkauft werden, weshalb Knoch auch kaum Lyrik verlegt. "Man möchte ja ein Buch machen, um Leserinnen und Leser dafür zu finden. Und das ist erst ab einer gewissen Stückzahl irgendwie befriedigend."

Die Atmosphäre in der heimischen Verlagslandschaft empfindet Knoch als "sehr angenehm", sie lobt das kollegiale Verhältnis. Als "extremes Ärgernis" bezeichnet es die Verlegerin, wenn Autorinnen oder Autoren, die der Literaturverlag Droschl aufgebaut hat, dann zu einem großen deutschen Verlag wechseln. "Schließlich haben wir da viel Zeit und Energie reingesteckt. Ich finde, hier sollte es eine Regelung geben, wie sie auch im Fußball gang und gäbe ist: Es müsste eine Ablöse geben, wenn jemand den Verein wechselt", schmunzelt Knoch. Umgekehrt passiere es aber auch, dass Autorinnen und Autoren von großen Verlagen zu Droschl wechseln.

Annette Knoch ist mittlerweile 54 Jahre alt. Ob ihre Kinder – 21 und 23 Jahre alt – schon Ambitionen im Verlag zeigen? "Noch nicht", lacht Knoch. "Ich muss aber auch sagen, dass das aber auch noch zu früh ist." Schließlich habe sich das Umfeld verändert. "Das Verlegen ist in den vergangenen Jahrzehnten nicht wirklich einfacher geworden, sondern viel kapitalistischer und marktorientierter und somit viel härter als früher." Da stelle sich die Frage, ob man überhaupt Lust habe, ins Verlagsgeschäft einzusteigen. Die Margen der Zwischenhändler und Filialisten seien mittlerweile sehr hoch. "Ohne Verlagsförderung würde es so gut wie keinen österreichischen Verlag geben."

Ist Annette Knoch also frustriert? "Nein! Ich bin aber kämpferisch in manchen Bereichen, weil es einfach notwendig ist." Umso mehr freut sie sich auf den Gastlandauftritt Österreichs in Leipzig. "Das gibt den österreichischen Verlagen eine gute Portion Selbstsicherheit, und wir hoffen natürlich, dass der Betrieb Österreich wieder verstärkt als eigenständiges Literaturland wahrnimmt."