Es beginnt mit dem Ende: Als Hans und Sophie Scholl Kopien ihres sechsten Flugblattes in den Lichthof der Münchner Universität werfen, werden sie schließlich festgehalten, verhaftet und wenig später zum Tode verurteilt. So weit, so bekannt. Kaum eine Widerstandsgruppe gegen die Nazidiktatur ist so berühmt wie die Weiße Rose mit den Geschwistern Scholl. Und doch lohnt die Lektüre von "Sag Alex, er soll nicht auf mich warten" der Grazer Autorin Irene Diwiak.

Ihr erzählerischer Kunstgriff ist überzeugend. Sie schreibt die Geschichte aus Sicht der zwei Medizinstudenten, die die Widerstandsgruppe gründeten: Wie die Autorin die Freundschaft zwischen dem gläubigen, sensiblen Hans Scholl und dem Deutsch-Russen Alexander Schmorell schildert, ist bei aller Fiktion realistisch, einfühlsam und historisch fein recherchiert. Ergänzt wird die Handlung durch ein Personenregister und ein aufschlussreiches Nachwort (das Manuskript war bei Russlands Überfall auf die Ukraine schon fertig).

Die Allgegenwärtigkeit des Krieges, die ständige Sorge, einberufen zu werden, und das nicht mehr zu übersehende Unrecht gegenüber jüdischen Mitbürgern lässt in dem kunstsinnigen studentischen Debattierzirkel, an dem beide Burschen teilnehmen, die Entschlossenheit wachsen: "Da muss man doch etwas tun!"

Jugendliche Aufbruchsstimmung

Zuerst werden die Flugblätter handschriftlich verfasst, dann mit einer Schreibmaschine – ein US-Fabrikat, das kein scharfes S hatte, weswegen auch die Schreibweise "Weisse Rose" überliefert ist. Die Gruppe wächst, auch Sophie, die jüngere Schwester von Hans, die ebenfalls zum Studium nach München kommt, ist bald dabei. Man schafft eine Vervielfältigungsmaschine an, knüpft Netzwerke bis nach Berlin.
Irene Diwiak gelingt es, die jugendliche Aufbruchstimmung einzufangen, die Ängste, Zweifel und Beziehungsprobleme der Akteure zu zeichnen und ihre Hoffnung, etwas bewirken zu können. Man weiß, es war vergebens.

Am 22. Februar 1943 wurden die Geschwister Scholl hingerichtet, Alex Schmorell und andere Mitglieder der Widerstandsgruppe folgten.
"Widerstandsgeschichten sind Geschichten der Hoffnung", schreibt Irene Diwiak im Nachwort. "Und Hoffnung ist kein Kitsch und keine Wohlfühlzone. Hoffnung ist der zentrale Antrieb für eine konstruktive Gestaltung der Zukunft."

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Buchtipp: Irene Diwiak. Sag Alex, er soll nicht auf mich warten.
C. Bertelsmann. 368 Seiten, 24,70 Euro.