Albertina
Um viele Millionen Fotos wächst der virtuelle Bilderberg täglich. Darunter ist in vielfacher Ausfertigung das digitale Abbild eines Holzschnitts aus dem Jahr 1515. Will man sich der viel beschworenen Macht der Bilder annähern, dann ist man hier richtig: Albrecht Dürers "Rhinocerus" ist so beeindruckend wie legendär, so berühmt wie bahnbrechend. Als 1515 besagtes Panzernashorn von Indien kommend in Lissabon eintrifft, verbreitet sich die Nachricht über den Exoten in ganz Europa. In Nürnberg wird Albrecht Dürer nach einer Skizze den Holzschnitt anfertigen und den unglaublichen Erzählungen ein Bild dazu liefern. Rund hundert Jahre zuvor wurde das Holzschnitt-Verfahren erfunden, nun setzt es zum großen Sprung an: Massenproduktion trifft auf Masseninformation. Viele Jahrzehnte hat Dürer mit diesem Holzschnitt das Bild vom Panzernashorn geprägt, die Jahrhunderte hindurch bis heute ist es präsent wie ein bunter Hund. Die Druckgrafik ist ein mächtiges Instrument: Einer breiteren Masse zugänglich, weil kostengünstig, der Aufwand ist überschaubar, der Rubel rollt – auch für Dürer, dessen Frau Agnes erfolgreich Vermarktung und Verkauf seiner Werke übernommen hat.

Die Ausstellung "Dürer, Munch, Miró. The Great Masters of Printmaking" (Kurator: Christof Metzger) erzählt von dieser vielfältigen Wirkmächtigkeit der Druckgrafik, und die Albertina packt dafür ihre Meisterwerke aus. Der rote Faden verknüpft chronologisch die Techniken – vom Holzschnitt über den Kupferstich, die Radierungen bis hin zur Lithografie – mit Künstlerinnen und Künstlern quer durch die Kunstgeschichte. Von Rembrandt, Andrea Mantegna, Francisco de Goya bis hin zu Edvard Munch, dessen Farblithografie "Angst" das Gefühl in ihrer Reduziertheit richtiggehend greifbar macht. Keine Frage, die Meister dominieren die Ausstellung, aber Werke von Käthe Kollwitz und Florentina Pakosta zeigen augenscheinlich, wie intensiv die Auseinandersetzung mit Technik und Inhalt sein kann. Apropos Technik: In kurzen Erklärvideos werden die Verfahren hinter Kupferstich und Co. gezeigt. Damit wird sichergestellt, dass man diese Verzahnung von Kunst und Handwerk auch zu würdigen weiß. Ab Freitag startet in der Albertina modern mit "Andy Warhol bis Damien Hirst – The Revolution in Printmaking" die Fortsetzung ab 1960.
"Dürer, Munch, Miró. The Great Masters of Printmaking", bis 14. Mai, Albertinaplatz 1, Wien, www.albertina.at

Museum für angewandte Kunst (MAK)
Mit einer höchst originellen Druckgrafik kann man auch bei der Ausstellung "The Fest. Zwischen Repräsentation und Aufruhr" im MAK aufwarten: das Berghain, der exklusive Berliner Partytempel, in strengem Schwarz-Weiß. Hinter diesen Türen vermutet man zu Recht den kultivierten Exzess. Wie gut, dass die Künstlergruppe Gelatine, hier ebenfalls geübt zu sein scheint, wie eine überbordende Fotografie in Sichtweite zeigt. Plastilin für alle oder doch lieber Champagner? Wie es euch gefällt, möchte man ausrufen und doch falsch liegen. Denn Feste mag man zwar feiern, wie sie fallen, aber jeder Zeit ihre Feste und jedem Fest seine Regeln. In rund 650 Objekten erkunden die Kuratorinnen Brigitte Felderer und Olga Wukounig die Kulturgeschichte des Feierns – vom opulenten Künstlerfest über den Begräbniszug von Kaiser Franz Joseph bis hin zur Klubkultur. So richtig fühlen kann man den Partybeat im roten Kubus bei einer Fashionshow von Sports Banger, da schließt sich dann der Kopf mit dem Körper kurz. Und man merkt, wie sehr dem Feiern eine Körperlichkeit innewohnt.

Drei weitere Ausstellungen sind derzeit im MAK zu sehen: "Falten" (bis 21. Mai) ist ein kulturhistorischer Streifzug, der ohne Anspruch auf Vollständigkeit prägnante Einblicke in die Welt der Falten wirft. Kuratorin Mio Wakita-Elis legt, ausgehend von den Faltenröcken der Miao-Minderheit, ein Spurenlabyrinth von Issey Miyake bis zum Mühlsteinkragen aus dem 17. Jahrhundert. Falten einmal (fast) ganz ohne menschliche Faltenhysterie. Nicht zu vergessen: "Sonja Bäumel: Entangled Relations - Animated Bodies" und "Birke Gorm: dead stock"
"The Fest. Zwischen Repräsentation und Aufruhr", bis 7. Mai, Stubenring 5, Wien. www.mak.at

Ausstellungsansicht "Falten" im MAK
Ausstellungsansicht "Falten" im MAK © (c) Georg Mayer