Die Wurzeln wurden nie gekappt, die Familienbande nie durchtrennt, die Herkunft nie verleugnet; im Gegenteil, sie war der Nährboden für diese Menschen mit aufrechtem Wuchs. Als Willi Resetarits vor drei Jahren in der Wiener Stadthalle im Zuge eines großen Festes seinen 70. Geburtstag feierte, stand er auch gemeinsam mit seinen beiden Brüdern Lukas und Peter auf der Bühne, und gemeinsam sangen die "Resetarits-Buam" ein Lied aus der Heimat, ein kroatisches Volkslied. Und zusammen mit Mutter Angela hat Willi Resetarits gerne "Lipo Ti Je Čuti" angestimmt, ein Antikriegslied, in dem eine Mutter darauf wartet, dass der Sohn aus dem Krieg heimkehrt. Sie wartet vergeblich.

Die Heimat: Stinatz im Südburgenland, rund 1000 Einwohner, hauptsächlich Burgenlandkroaten. Hier leben Familien mit den Namen Zsifkovits, Grandits, Stipsits, Stoisits – und eben Resetarits. Lukas Resetarits wird am 14. Oktober 1947 geboren, Willi am 21. Dezember 1948, Nachzügler Peter kommt am 23. Februar 1960 bereits in Wien auf die Welt. "Geboren wurde ich in einer Einzimmerwohnung bei Petroleumlicht", erzählte Willi Resetarits gerne. Und dass es ein Glück gewesen sei, arm angefangen zu haben. "Denn deshalb konnte es nach oben gehen."

Nach oben. Um zumindest ein Stück weit dorthin zu gelangen, zog die Familie – der Vater Maurer, die Mutter Hausfrau – 1951 nach Wien, in den Arbeiterbezirk Favoriten. Dadurch wurden Willi und Lukas zu "Migrantenkindern", die erst Deutsch, sprich Wienerisch, lernen mussten. Es ging rau zu im zerbombten Nachkriegswien, ihre Herkunft war ein Schimpfwort, und nur allzu oft bekamen die Gebrüder das zu hören: "Krowoten raus!" Vielleicht der Grundstein für jenes solide Gebäude aus Empathie, Integrität und sozialem Gewissen und Engagement, in dem alle Resetarits-Brüder wohnen sollten. Wer früh am eigenen Leib spürt, dass er nicht willkommen ist, heißt die Unerwünschten und Angefeindeten später umso herzlicher willkommen.

Drei mit Herzensbildung

Die Eltern wollten, dass die „Buben“ eine Bildung bekommen und bürgerliche Berufe ausüben. Ganz hat das zum Entsetzen des Vaters – der sich vom Maurer zum Bauleiter hochgearbeitet hatte – nicht geklappt. Lukas und Willi ließen das Studium bald sausen, nur Peter sollte es später als Jurist beenden. Lukas Resetarits schuftete lange Jahre als Flughafenarbeiter und absolvierte seine Nachtschicht auf der Bühne. 1975 trat er der Kabarettgruppe Keif bei, 1977 spielte er sein erstes Soloprogramm mit dem Titel "Rechts Mitte Links", Anfang der 1980er-Jahre dann auch der TV-Durchbruch als Polizeimajor Adolf Kottan.

Willi Resetarits wiederum gründete noch in der Schule seine erste Rockband und flog später als "Schmetterling" in Richtung Polit-Rock. Der Rest ist Musikgeschichte. Dr. Peter Resetarits schließlich landete nach dem Studium beim ORF, moderierte das Jugendmagazin "Ohne Maulkorb" und profilierte sich mit Sendungen wie "Am Schauplatz", "Schauplatz Gericht" oder "Bürgeranwalt" zum fachkundigen, engagierten Vertreter alle jener, die in ihrem verzweifelten Kampf gegen die Windmühlen verkrusteter Institutionen Beistand benötigen.

Das letzte Interview mit Willi Resetarits anläßlich der Veröffentlichung seines Albums "Elapetsch" im Herbst des Vorjahres.

So verschieden die Karrieren und Lebensentwürfe der Brüder Resetarits auch verlaufen sind, so sehr im Gleichklang sind sie in ihren Persönlichkeiten und ihrer unbeugsamen Haltung gegenüber sozialer Schieflagen. Joachim Steinacher, ein langjähriger Freund von Willi Resetarits: "Was muss das für ein großartiges Elternhaus gewesen sein, aus dem Willi, Lukas und Peter stammen!" Bildung sei eine Sache, "aber nicht jeder, der gebildet ist, ist auch gleich ein guter Mensch".

Im Fall der Gebrüder Resetarits stand wohl in erster Linie Herzensbildung auf dem Lehrplan. "Es hat niemand Anständigeren gegeben als unsere Eltern", sagte Willi Resetarits einmal in einem Interview. "Und sie haben auch uns Buben nahegebracht, dass Anständigkeit das Wichtigste im Leben ist."

Willi Resetarits ist tot. Seine Brüder werden das nachhaltige Vorbild der Eltern weitertragen. Mit Anstand.