Wenn Sie ein Projekt wie die Graphic Novel "Alma M. Karlin", die in Celje geborene Reiseschriftstellerin, beginnen, gibt es so etwas wie eine übliche Herangehensweise?
ERWIN KÖSTLER: Nicht wirklich. Die Formate mit denen ich zu tun habe, sind sehr unterschiedlich. Bei einem Comic oder einer Graphic Novel ist es schlicht unmöglich, den Text wie Prosa zu übersetzen. Man muss den Text inszenieren, hat dafür auch nur einen gewissen Raum zur Verfügung und er muss in die Sprechblasen passen, das ist bei Prosa nicht der Fall. Mein üblicher Zugang zur Prosa ist, dass ich den Text erst mal gründlich lese. Dann übersetze ich ihn nach Möglichkeit herunter. Das wäre dann meine erste Fassung, die ganz unkorrigiert ist und auch noch Dinge offenlässt, die aber schon einen gewissen Zug hat, weil sie eben in einem Zug entsteht. Es gibt Texte, bei denen das nicht möglich ist, weil sie zu fragmentiert sind, bei einer linear erzählten Geschichte kann ich das aber so machen. Nach einer gewissen Zeit entsteht eine zweite, korrigierte Fassung anhand des Originaltextes. Danach gibt es mindestens einen dritten Durchgang, bei dem ich nur mehr am Zieltext, an der Zielsprache arbeite. Wie legt man Dialoge, direkte Reden an usw., es gibt die Möglichkeit mit sprachlicher Polyphonie, mit Mundarten, mit Soziolekten zu arbeiten, das kommt in dieser Phase der Nachbearbeitung voll zur Geltung. Am Ende lese ich den gesamten Text noch einmal, wie ein Lektor, da gibt es dann nur noch punktuelle Korrekturen und in Zweifelsfällen noch einen letzten Blick ins Original.