Die erste Ambros-Platte und vor allem das von Ihnen geschriebene Lied „Der Hofa“ – eine Vernaderungshymne, in der das goldene Wiener Herz zerlegt wird – gelten als Urknall des Austro-Pop. Zu Recht?
JOESI PROKOPETZ: Das Wort „Austropop“ hat übrigens ein bayrischer Musikjournalist erfunden. Zum Hofa: Na ja, das war, bei aller Bescheidenheit, schon ein Meilenstein. Damals hatte der Austropop noch Poesie und Sprache und war im Bewusstsein der Musikindustrie und auch der Interpreten noch kein Genre, das im Kommerz angekommen ist. Aus dem Austro-Pop ist ja später eine Schlagerinstitution geworden, am Anfang war er hochliterarisch – aber nicht mehrheitsfähig.

Der frühe Austro-Pop stand ja in der Tradition eines Helmut Qualtinger und H. C. Artmann.
Natürlich! Unbewusst hat mich der Artmann auch beim „Hofa“ beeinflusst. Der Dialekt in der Literatur ist damals auch in der Popmusik angekommen.



„Da Hofa“ ist vor 50 Jahren erschienen, jetzt gibt es eine Fortsetzung von Ihnen mit dem Titel „Tatort 1971“. Eine Cold-Case-Ermittlung, denn dieses Verbrechen wurde ja nie aufgeklärt?
„Da Hofa“ ist ja doch ein Wertgegenstand, wenn nicht gar Kulturgut, also wollte ich das 50-Jahr-Jubiläum nicht sang- und klanglos vorbeiziehen lassen. Das Lied war ja ein Sittenbild damals mit der Pointe, dass der Beschuldigte das Opfer ist. Also hab ich die Fortsetzung in ein kleines Sittengemälde anno 2021 eingebettet. Deshalb kommen in „Tatort 1971“ auch ein Untersuchungsausschuss und das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung vor. Auch eine Sonderkommission wird gebildet. Ihre Formulierung „Cold-Case-Ermittlung“ gefällt mir übrigens gut in diesem Zusammenhang. Wenn mir das selbst eingefallen wäre, hätte ich es in den Text eingebaut.

Der äußerst mysteriöse Mordfall Hofa wird also nach 50 Jahren neu aufgerollt. Was kommt denn dabei heraus?
Na, was schon? Es ist schließlich ein Lied, das im österreichischen Biotop wurzelt, also gibt es natürlich Ermittlungspannen am laufenden Band und zahlreiche Falschaussagen. Interessantes Detail: Man kommt zum Beispiel jetzt erst drauf, dass man nicht einmal den Vornamen vom Herrn Hofa weiß!

Der Urknall des Austropop: Wolfgang Ambros nahm "Da Hofa" 1971 auf
Der Urknall des Austropop: Wolfgang Ambros nahm "Da Hofa" 1971 auf © KK



Das ist mir auch jetzt, beim Wiederhören, aufgefallen!
Nein, der Hofa hat nie einen Vornamen gehabt. Wie die Leut’ halt reden über jemanden, den sie suspekt finden: „Da Hofa, da Maier, da Prokopetz – die werden’s g’wesen sein...“

Die Chatprotokolle fehlen aber im Text.
Ja, leider. Wie die aufgetaucht sind, war das Lied aber schon fertig. Blöd, das hätte natürlich wunderbar reingepasst.

Und was steht im Schlussprotokoll der Polizei im Mordfall Hofa?
Die Soko ermittelt zwar im Akkord, kommt aber zum Schluss: Da war ein perfekter Mord! Das Lied „Tatort 1971“ ist natürlich von mir mit viel Augenzwinkern geschrieben worden. Ich wollte nach 50 Jahren keine Selbstbeweihräucherung betreiben, aber ganz vergessen wollte ich den Hofa eben auch nicht. Aber ich erwarte mir nicht, dass das Lied heftig im Radio gespielt wird. Solche Sachen sind nicht mehr gefragt, glaube ich. Aber egal.

Aber wer möchte, kann das Lied erwerben.
Schon. Es werden davon 1000 Stück gemacht, als Vinyl-Single. Das ist etwas für Sammler und Interessierte. Diese Single wird dann im September im Wiener Kriminalmuseum präsentiert werden.



Das Lied „Da Hofa“ ist eine Mischung aus Moritat, Lynchgeschichte und Bassena-Mikrodrama. Die Wiener, die Österreicher hatten keine Freude mit dem Spiegel, den Sie ihnen vorhielten. Kann man die Zeit damals, 1971, und heute vergleichen?
Heute leben wir natürlich in einer völlig anderen Zeit. Ich wage jedoch zu behaupten: Der Mensch an sich hat sich nicht geändert, und es gilt nach wie vor das Schopenhauer-Wort: „Der Mensch ist von Natur aus schlecht. Er tut das Gute nicht aus Neigung.“ Die Hofa-Geschichte könnte also jederzeit passieren. Und überall.

Das wurden Sie wohl schon unzählige Mal gefragt: Wie fällt einem ein Lied wie „Da Hofa“ ein?
Das weiß ich nicht so genau. Ich habe damals, ich war 19 Jahre alt, einen Ferialjob bei einer Bodenleger- und Wandverkleidungsfirma gehabt. Und in der Semmelweiß-Klinik musste ich eine Wand verspachteln. Das war eine mühsame Arbeit. Und plötzlich sind mir die ersten vier Zeilen eingefallen: „Schau, da liegt a Leich im Rinnsal/‘S Bluat rinnt in’ Kanal/Heast, des is makaber/da liegt ja a Kadaver“. Vielleicht sind die Zeilen ja aus der platonischen Ideenwelt auf mich herabgestürzt. Aber, im Ernst, ich habe tatsächlich keine Ahnung, woher diese Worte und Sätze kamen. Is’ auch wurscht. Wichtig ist, dass sie mir zugeflogen sind.