"Seit 31. Oktober letzten Jahres war der Zuschauerraum verwaist. Aber jetzt werden Sie eine Premiere erleben, für die es wegen der pandemiebedingten mehrmaligen Verschiebungen nicht weniger als drei Generalproben gab. Das hat es noch nie gegeben“, sagte ein sichtlich glücklicher Intendant vor Beginn der Vorstellung und erhielt dafür begeisterten Applaus. Gleichzeitig bedankte sich Aron Stiehl bei den 270 Mitarbeitern des Hauses und verkündete: „Wir sind wieder da und das ist schön! Und es ist schön, dass Sie auch da sind“.


Das Publikum nahm es dankbar zur Kenntnis. Zuvor hatte es mit großer Disziplin eine Einlassprozedur mit Kontrollen und vorgegeben Wegen ertragen. Während der gesamten Vorstellung trug man FFP-2-Masken und spendete im nur zur Hälfte besetzten Theatersaal nicht nur am Schluss, sondern auch zwischen den Szenen begeisterten Applaus.

Und das zu Recht, denn die Premiere von Gioacchino Rossinis „Der Barbier von Sevilla“, coronabedingt auf zwei Stunden gekürzt und pausenlos und von einem reduzierten Orchester gespielt, ist von hoher Qualität. Dafür sorgt einmal das in weiten Abständen sitzende KSO unter dem ungemein agilen Mitsugu Hoshino mit viel Schwung, Vitalität und duftiger Leichtigkeit. Aber auch ein tolles Sängerensemble, allen voran Paola Gardina, die als kokette Rosina ein wahres Feuerwerk an Koloraturen zündet. Mario Cassi ist ein ungemein präsenter und buffonesker Figaro, der manchmal allerdings mit seinem stimmgewaltigen Bariton allzu sehr auftrumpft. Bei seiner berühmten Auftrittsarie schwebt er effektvoll auf einer Schaukel von oben herab. Mit wunderbar lyrischem, leichtem Tenor und bombensicheren Höhen singt Patrick Kabongo den Almaviva. Auch Tiziano Bracci (Bartolo) und Leonard Bernard (Basilio), wie auch der Männerchor gefallen sehr gut.
Mit leichter Hand und mit viel Witz hat Paul Higgins die Einstudierung der von Laurent Pelly erdachten Inszenierung der Opera buffa, eine Koproduktion mit mehreren anderen Häusern, besorgt. Klar und ohne Firlefanz wird die Geschichte erzählt. Die Personenführung ist immer punktgenau am Puls des Textes und der Musik. Gewisse Gesten sind exakt choreographiert. All dies erlebt man zwischen riesigen, vornehmlich leeren Notenblättern, auch als Zwischenvorhänge und Gitterstäbe genutzt, die das Eingeschlossensein von Rosina symbolisieren. Stehende Ovationen, unbedingt anschauen!