"Legenden“, das kann Unterschiedliches sein: Einmal die (lateinische) „legenda“, das Vorzulesende, und zum anderen die Zeichenerklärung auf Landkarten oder in Werken der bildenden Kunst eingefügte, erklärende Texte über Herkunft oder Funktion. In den Positionen der Galerie 3 wird geschieden.

Rohullah Kazimi, ein Künstler von afghanischer Herkunft, der in Hamburg lebt und arbeitet, präsentiert im Rückgriff auf die wunderbaren Erzählungen von Heiligen und ihr Charisma Bilder von Celebrities und Ikonen des 20. Jahrhunderts. Seine Legenden sind in Stickereien auf Nesseltuch dargestellt, in kräftigen Farben und mit feinen Stichen verwobene Fäden. Die naiven Formulierungen der Erhabenen des letzten Jahrhunderts im Porträt sind recht liebenswert. Als Personen rückt Rohullah Kazimi ins Bild: Kaiserin Sisi neben David Bowie, Freddie Mercury, Frida Kahlo und Vincent van Gogh. Natürlich fehlen nicht Johnny Cash, Elvis und die Rolling Stones, neben vielen anderen.

Komplexer ist das Lesen und Dechiffrieren der Legenden der aus Wien stammenden Sophie Dvořák. In der Hauptsache konzentriert sie sich in dieser Ausstellung auf kartografische Darstellungen und die Frage, wie Welt dadurch wahrgenommen und erfasst werden kann. Sie seziert topografische Karten und überträgt sie in andere Kontexte. Die Legenden dazu löst sie in sequenzierenden Darstellungen weiter auf zu Fragmenten, die fürs Ganze stehen, und formiert sie neu zu feinen, zart kolorierten Zeichnungen. Letztlich erweist sich auch Dvořáks kartografischer Weltentwurf als Erzählung (=Legende): Von den Grenzen der Vermessbarkeit der Welt.

Ein Werk von Rohullah Kazimi
Ein Werk von Rohullah Kazimi © Rainer