Am 11. Jänner kehren die „Vorstadtweiber“ mit der fünften Staffel auf den Bildschirm zurück, Philipp Hochmair sitzt als Minister Schnitzler noch immer im Gefängnis. Nur einen Tag später startet die dritte Staffel der historischen ARD-Krankenhaus-Serie „Charité“, der vielseitige Schauspieler spielt darin einen österreichischen Pathologen, der in der DDR Karriere machte. Zuvor hat der gebürtige Wiener aber noch zwei Fälle als blinder Ermittler Alexander Haller im ORF zu klären.

Wie vertraut ist Ihnen dieser Alexander Haller mittlerweile?
PHILIPP HOCHMAIR: Es gibt da natürlich viele Ecken und Kanten, aber der blinde Alexander Haller wird mir immer vertrauter. Diesmal kamen diese Ecken und Kanten aber eher von außen, denn die Dreharbeiten haben bald nach dem ersten Lockdown begonnen. Das war alles mit harten Auflagen und Regeln verbunden. Umso besser also, dass es diese Vertrautheit zur Rolle gab. Ein absolut spannendes Experiment: 2 neue Folgen von „Blind ermittelt“ in diesem heißen Sommer in Wien, unter Corona-Bedingungen. Und ich denke, es ist geglückt…

Der fünfte Fall (zu sehen am 4. Jänner) knüpft an den Pilotfilm an, in dem Haller sein Augenlicht verloren hat. War das besonders emotional zu drehen?
Er blickt zurück und fragt sich: Was habe ich damals falsch gemacht? Haller muss zurück in seine Vergangenheit, begegnet dabei auch seinem sehenden Ich wieder. Das ist eine große nervliche Belastung für ihn und sicher eine mutige, spannende Idee für dieses Format.

Das ganze Format ist ja prinzipiell mutig: Blinde Menschen werden filmisch ja noch immer ganz gerne ausgeblendet, oder?
Ganz genau. Als Blinder in einer Welt von Sehenden zu überleben ist immer noch sehr schwierig und vor allem gefährlich! So gesehen ist das Format absolut aktuell und wichtig.

Alexander Hallers andere Sinne sind geschärft. Haben Sie das an sich auch wahrgenommen?
Wenn so ein notwendiger Sinn wie das Sehen ausfällt, muss man sich natürlich sehr viel mehr fokussieren, um das auszugleichen. Ich habe das innerhalb weniger Minuten gemerkt, als ich im Rahmen der Vorbereitung auf die Rolle das interaktive Museum „Dialog im Dunkeln“ in Wien besucht habe. Das war sicher die einschneidendste Erfahrung für mich: diese zweieinhalb Stunden in der absoluten Dunkelheit.

Vom blinden Ermittler zum engagierten Mediziner: Sie haben auch für die dritte Staffel von „Charité“ gedreht . . .
. . . ja, ich spiele den österreichischen Pathologen Otto Prokop, der unter anderem den Vaterschaftstest erfunden hat. Ich kannte ihn vorher nicht. Ein sehr faszinierender Mensch. Gedreht haben wir noch vor der Corona-Zeit. Da hatten wir keine Ahnung, wie aktuell die Themen vielleicht sein werden. Es geht unter anderem um Forschungen zur Krebsfrüherkennung. Und soweit ich informiert bin, kommt ein prominenter Corona-Impfstoff auch aus der Krebsforschung.

Derzeit stehen Sie in Berlin als Reinhard Heydrich für einen Film über die Wannseekonferenz, bei der im Jänner 1942 die Organisation der „Endlösung“ besprochen wurde, vor der Kamera. Wie nähert man sich so einer Rolle?
Die wichtigste Frage für mich war: Wie konnte so etwas überhaupt passieren? Man kann das nicht beantworten. Man kann da höchstens versuchen hineinzuleuchten, in diesen unglaublichen Abgrund. Es ist absolut unvorstellbar, abartig grauenhaft! Wir bilden den Dialog ab, der damals möglicherweise stattgefunden hat.

Wie intensiv haben Sie sich mit Heydrich auseinandergesetzt?
Es gibt viel Material zu ihm. Aber es geht nicht um Heydrich als Person, sondern darum, wie diese 13 Männer damals am Tisch in der Villa am Wannsee geredet haben könnten und wie sie zu dieser fatalen grauenhaften Entscheidung kam.

Was hat Sie an der Rolle gereizt?
Die Frage: Was ist das Böse? Wie böse kann ein Mensch überhaupt sein? Wie kann es dazu kommen? Ich spiele seit 2011 Mephisto in Goethes „Faust“. Premiere war damals bei den Salzburger Festspielen. Es hat mich gereizt nachzudenken, wie Mephisto, der Teufel, in Realität sein könnte. Und Heydrich ist sicher einer der schlimmsten und grauenhaftesten Menschen, die unsere Welt je hervorgebracht hat.

Apropos Salzburger Festspiele. Der neue „Jedermann“ ist Lars Eidinger. Wie finden Sie das?
Eine gute Entscheidung! Ich bin ein Fan seiner Arbeit.

Sie sind 2018 für Tobias Moretti eingesprungen und wurden von der Kritik bejubelt. Viele haben damit gerechnet, dass Sie der neue „Jedermann“ sein werden.
Klar hätte ich das gerne gemacht. Aber jetzt ist es eben so. Die Salzburger Festspiele wollten überraschen und das ist ihnen gelungen. Und das ist gut. Es ist ja noch genug Zeit.

Hat der Humor Sie in diesem Jahr manchmal verlassen?
Ich habe die beiden Lockdowns bis jetzt zum Glück gut überstanden. Aber es ist mir sehr wohl bewusst, dass es sehr viele Menschen sehr hart getroffen hat. Und das ist alles andere als lustig. Wir können nur hoffen, dass dieser Albtraum sehr bald wieder vorbeigeht, zusammenhalten und die Sicherheitsvorschriften befolgen.