Eigentlich stand der Name Gernot Roll für anspruchsvolle Literaturverfilmungen wie Golo Manns "Wallenstein" oder Joseph Roths "Radetzkymarsch", er drehte Helmut Dietls "Rossini" und Heinrich Breloers "Die Manns". Der größte Erfolg Rolls war allerdings "Ballermann 6", eine seichte Komödie über aus Eimern saufende Prolls am Strand von Malle. Nun ist Roll im Alter von 81 Jahren gestorben.

5,5 Millionen Zuschauer sahen sich den trashigen Streifen an, der 1997 in die Kinos kam. "Viel für deutsche Verhältnisse", meinte Roll einst. Bernd Eichinger, der große Münchner Filmproduzent, habe die Idee für "Ballermann 6" ausgebrütet und keinen Regisseur gefunden. "Als er mich fragte, ob ich das zusätzlich zur Kamera machen wollte, habe ich zugesagt. Und dazu stehe ich bis heute."

Die Feuilletonisten jedenfalls waren entsetzt. Wie konnte Roll sich für so etwas hergeben? Doch Roll selbst sah darin keinen Widerspruch. "Auch eine Komödie wie Ballermann, die nur auf aneinandergereihten Gags beruht, ist filmhandwerklich äußerst schwierig umzusetzen. Da muss man sehr genau darauf hinarbeiten, das muss sitzen." Außerdem kannte der überaus erfahrene Kameraprofi, der in seinem Leben "nie etwas anderes gelernt und gemacht hat als Film", keine Berührungsängste. So gehören auch "Tach, Herr Doktor", der erste Kinofilm des Kabarettisten Gerd Dudenhöfer alias Heinz Becker, und die fünfte Episode der "Werner"-Reihe "Werner eiskalt" zu seiner mehr als 200 Werke umfassenden Filmografie.

Mit 14 wurde er zum Kameramann

Roll stammte aus Sachsen. Nach der Volksschule begann er schon mit 14 Jahren eine dreijährige Ausbildung als Kameramann und verdingte sich danach bei den DEFA-Studios in Berlin-Babelsberg. Weil er in Babelsberg keine Entwicklungsmöglichkeiten sah, wechselte er 1960 nach Westdeutschland und heuerte bei der Münchner Bavaria an, damals eines der größten Studios für TV-Produktionen. 1961 stand er erstmals selbst hinter der Kamera. Er drehte Serien wie "Graf Yoster gibt sich die Ehre" und mehrere Folgen der Krimireihe "Tatort" mit Hansjörg Felmy, bei denen auch sein Idol Wolfgang Staudte Regie führte.

Nachdem Roll zusammen mit Edgar Reitz das Nachkriegsdrama "Stunde Null" in Szene gesetzt hatte, gelang ihm mit der gefeierten TV-Serie "Heimat - Eine deutsche Chronik", die Reitz 1984 herausbrachte, der Durchbruch. Seither reihte sich in seinem filmischen Schaffen ein prestigeträchtiger Streifen an den anderen: Fritz Lehners Schubert-Trilogie "Mit meinen heißen Tränen", für die Roll einen von mehreren Grimme-Preisen erhielt, Caroline Links Familiendrama "Jenseits der Stille", das sogar für den Oscar nominiert wurde. Schließlich Helmut Dietls legendäre Gesellschaftssatire "Rossini". Zu erwähnen wären auch Sönke Worthmanns Schwulen-Komödie "Der bewegte Mann" und später noch der Kinderfilm "Räuber Hotzenplotz" nach Otfried Preußler, in dem er selbst Regie führte.

Zu den großen Regisseuren, mit denen Roll zusammenarbeitete, gehörte nicht zuletzt der Österreicher Axel Corti. Während der Dreharbeiten zu Roths "Radetzkymarsch", einem bewegenden Abgesang auf das alte Europa, starb Corti an einer Krebserkrankung. Roll übernahm für seinen Freund auch die Regie und vollendete den Streifen kongenial. Das führte dann auch zu Engagements wie "Ballermann 6".