Der Stadtrechnungshof nahm die Geschäftsjahre 2015/16 bis 2017/18 im rahmen einer Gebarungsprüfung unter die Lupe. In dieser Zeit erhielt das Wiener Vokstheater für das Haupthaus und die Produktionen in den Bezirken insgesamg Förderungen in der Höhe von 21,9 Millionen Euro. "Eine Analyse ausgewählter finanzwirtschaftlicher und theaterspezifischer Kennzahlen ergab, dass sich die "Volkstheater" Gesellschaft m.b.H. in einer prekären finanziellen Lage befindet und tiefergehend Maßnahmen erforderlich wären, um die Finanzlage nachhaltig zu sanieren", heißt es im aktuellen Bericht des Stadtrechnungshof. 

Empfohlen wird konkret eine Evaluierung und Verinfachung des Zulagensystems, um den Personalaufwand zu senken. Speziell im Bereich Technik fielen viele teute Überstunden an. Auch das interne Kontrollsystem "zur Reglung der Vergabe von Freikarten und zur Administration von Vermögensgegenständen" sollte, geht es nach dem Stadtrechnungshof, geändert werden.

Nicht geprüft wurden die künstlerisch-inhaltlichen Tätigkleiten und auch die bauliche Sanierung ist in der Analyse nicht berücksichtigt.

Gleiche Auslastung, weniger Zuseher

Die Eigenmittelquote lag etwa nur knapp über acht Prozent. Diese
Kennzahl ist laut Rechnungshof mit ein Indiz für die prekäre Lage
des Theaters. Auch die Besucherzahlen seien zuletzt stark gesunken,
wobei der jährliche Durchschnittswert 136.700 betrug. Im Haupthaus
betrug der Rückgang sieben Prozent, das Volkstheater in den Bezirken
musste sogar deutlich mehr Federn lassen.

Valorisierung oder Ende der Subventionierung

Ist das Volkstheater bereit, "entsprechende Einsparungspotenziale auszuschöpfen", sieht der Stadtrechnungshof auch die Stadt Wien in der Pflicht: Diese sei gefordert, "in Hinkunft die Valorisierungen der Gehälter und Löhne der Mitarbeitenden der "Volkstheater" Gesellschaft
m.b.H. durch gleichermaßen angepasste Subventionierung zu berücksichtigen. Sollte eine solche Vorgangsweise nicht dem Willen der Stadt Wien entsprechen, wären von der Magistratsabteilung 7 Überlegungen anzustellen, ob eine weitere Subventionierung ohne entsprechende Valorisierung der "Volkstheater" Gesellschaft m.b.H. langfristig sinnvoll ist, da es dann in kurzer Zeit wieder zu einer finanziell nicht zu bewältigenden Situation kommen würde."

Es ist Anna Badoras letzte Saison als Intendantin. Ihr folgt Kay Voges nach.
Es ist Anna Badoras letzte Saison als Intendantin. Ihr folgt Kay Voges nach. © APA/ROLAND SCHLAGER

Vorzugsweise tantiemenfreie Stücke empfohlen

Auch der vom Rechnungshof geortete Anstieg der Kosten für
Tantiemen wurde kritisch beäugt. Der Stadt-RH erinnerte daran, dass schon 2003 dem benachbarten Theater in der Josefstadt im
Sanierungskonzept empfohlen worden sei, vorzugsweise tantiemenfreie Stücke auszuwählen. Dem Volkstheater wurde ebenfalls eine diesbezüglich "bewusste Auswahl" an Aufführungen nahegelegt.

Bemängelt wurde auch die Ablauforganisation. Eine systematische
Dokumentation der wichtigsten Betriebsabläufe fehle: "Im
Wesentlichen leitete sich das Handeln der Mitarbeitenden aus der
Verfolgung des Gesellschaftszweckes, aus einzelnen Dienstanweisungen sowie den gewohnten Abläufen ab." Eine interne Revision wurde ebenfalls vermisst.

Der Rechnungshof konstatierte jedenfalls einen "dringenden
Reformbedarf". Um darzulegen, wie die Situation verbessert werden
könnte, schlugen die Prüfer das Josefstadt-Sanierungskonzept aus dem Jahr 2000 zurate. Darin sind unter anderem kurzfristige finanzielle Beiträge der Mitarbeiter, preiswertere Inszenierungen, flexiblerer Personaleinsatz, eine Reform des Zulagensystems, aber auch eine "ansteigende Subventionslinie", also mehr Geld um die
Personalkostensteigerungen abzudecken, angeführt.

Dies alles mündet in der Forderung, auch für das Volkstheater ein
Sanierungskonzept zu erarbeiten. Die Gesellschaft stellte ein
solches in einer im Bericht erhaltenen Stellungnahme tatsächlich in
Aussicht: "Im Rahmen der 3-Jahres-Planung für den Zeitraum nach der Sanierung des Volkstheatergebäudes ist vorgesehen, alle Bereiche auf Einsparungs- und Effizienzpotenziale zu prüfen. In Summe soll dadurch eine nachhaltig stabile wirtschaftliche Situation
herbeigeführt werden."

Reaktion

"Im künstlerischen Betrieb wird stets auf die schwierige wirtschaftliche Lage des Hauses Rücksicht genommen." Das betont der kaufmännische Geschäftsführer des Volkstheater Wien, Cay Stefan Urbanek, gegenüber der APA in einer kurzen schriftlichen Stellungnahme zum heutigen Stadtrechnungshof-Bericht.

"Der Betrieb des Volkstheaters wird gerade einem umfassenden Umbruch unterzogen: Die Sanierung des Gebäudes und die Bestellung von Kay Voges als künstlerischen Direktor ab September 2020 führen zu grundlegenden Veränderungen im Betrieb und den künstlerischen Schwerpunktsetzungen", so Urbanek weiter. "Trotz der herausfordernden Situation und der Unsicherheiten rund um die notwendige Sanierung des Gebäudes wurde mit außerordentlichem Einsatz ein vielfältiger, seitens der Presse immer wieder gelobter Spielplan umgesetzt."

Der Stadtrechnungshof hat in einem umfangreichen Bericht dringend ein finanzielles Sanierungskonzept eingefordert. Die Geschäftsführung stehe "erst am Anfang, um ein neues, umfassendes Betriebskonzept zu erstellen. Da organisatorische Änderungen (wie im Rechnungshof empfohlen) und neue künstlerische Abläufe ineinandergreifen und nur gemeinsam zu dem erwünschten Erfolg führen, müssen diese mit allen beteiligten Partner/innen gut abgestimmt werden", schließt Urbanek.

Das Haupthaus, in dem Sanierungsmaßnahmen bereits angelaufen sind, sperrt mit Ende des Jahres für die Dauer des Umbaues zu. Der Spielbetrieb wird in einem Ausweichquartier im Museumsquartier fortgeführt. Mit Ende der Saison übergibt Anna Badora dann die künstlerische Leitung an den derzeitigen Intendanten des Schauspiel Dortmund, Kay Voges.