Manch einer sagt dem Salzburger Publikum nach, bieder zu sein - doch am Samstag war davon keine Spur zu sehen. Stattdessen suchten Frauen in Korsetts und hier und da auch Männer in Netzstrümpfen das Theater auf. Zwar bot das Salzburger Landestheater Fan-Sackerl mit allen nötigen Utensilien zum Mitmachen an, die eingefleischten Fans kamen aber nicht nur verkleidet, sondern auch perfekt ausgestattet mit Wasserpistole, Klopapier und Konfetti.

So ein Fan muss Regisseur Marco Dott wohl auch sein, denn seine Inszenierung der "Rocky Horror Show" ist eine detailverliebte Übersetzung des Films auf die Bühne, die ihm von der Kulisse inklusive Labor und altem Fahrstuhl sehr nahe kommt (Bühne: Christian Floeren).

Ursprünglich kommt "The Rocky Horror Show" auch genau dort her: von der Bühne. Den großen Durchbruch brachte allerdings erst der Film mit Tim Curry als "Sweet Transvestite" Dr. Frank N. Furter, der am Salzburger Landestheater von Benjamin Oeser gespielt und mit der stärksten Stimme des Abends gesungen wird. Der glamouröse Doktor steht dem Vorbild in fast nichts nach - bis auf die dunkle Perücke vielleicht - und schafft es trotzdem, der Rolle noch einen eigenen Schlag zu verpassen. Zu seinen Diensten steht der Regisseur persönlich als Diener Riff Raff, auf den sich Marco Dott selbst besetzt hat und bei dem er mit seinem komödiantischen Darstellertalent auch voll auf seine Kosten kommt.

Eigentlich müsste das Publikum auch im Programm erwähnt werden, denn das zeigt bei der Premiere mindestens genauso hohe Spielfreude wie das Ensemble. Herr über die wild gewordene Truppe im Parkett und auf den Rängen ist nur Axel Meinhardt, der als Erzähler in der Loge sitzt und zu seinen Einsätzen traditionell ausgebuht wird. Süffisant führt er durch die Show und gibt Anweisungen zum Einsatz der Fanartikel für alle, die nicht mehr ganz genau wissen, wann Konfetti geschmissen und wann die Zeitung ausgepackt wird.

Diese holt man übrigens dann heraus, wenn es im Theater dank Wasserspritzpistolen regnet und Janet auf der Bühne aus dem Auto steigt und sich eine ebensolche über den Kopf hält. Patrizia Unger singt und spielt die Rolle, die Susan Sarandon im Spielfilm den großen Durchbruch brachte, herrlich naiv, dafür mit großer Stimme. Auch Christoph Wieschke hat mit Meat Loaf ein großes Vorbild für seine Rolle als Eddie, den er vielleicht nicht stimmlich, dafür darstellerisch übertrumpfen kann, und auch der Rest des Ensembles hat definitiv seine Hausaufgaben gemacht. Sebastian Smulders als Rocky Horror dürfte dazu noch ein paar Fitnessübungen gemacht haben, denn nicht nur seine Stimme strahlt, sondern auch seine Muskeln.

Bei dem ganzen Spektakel steht die Musik wortwörtlich im Hintergrund. Erst beim Applaus kommen der musikalische Leiter Wolfgang Götz und seine "Rocky Horror Salzburg Band" nach zwei Stunden Höchstleistung hinter der Bühne zum Vorschein. Da ist das Publikum schon lange von den Stühlen, tanzt, feiert und bejubelt das Ensemble und schmeißt die letzten Luftschlangen auf die Bühne, die noch übrig geblieben sind. Eine gelungene Premiere, die Salzburg im "Rocky Horror Fieber" hinterlässt.