Ein scharfer Verstand, Sprachgefühl, eine Haltung und eine begnadete "Pappn". Aus diesen selten in so hoher Konzentration vorkommenden Eigenschaften bastelte sich Werner Schneyder eine Karriere, die in alle möglichen Bereiche abzweigte. "Universaldilettant" sagte der 1937 in Graz geborene Schneyder selbst dazu. Ironie war ihm obendrein gegeben und sie wurde ihm zum Habitus, mit dem er der Dummheit des Alltags entgegentrat, sie auch für andere kenntlich machte.

Legendäres Bühnen-Duo

Werner Schneyder wuchs in Klagenfurt auf, ging zum Studieren nach Wien und begann eine journalistische Tätigkeit als Lokal- und Sportreporter. Arbeiten in der Werbebranche und am Theater folgten, bevor er das Medium fand, in dem er seine Begabungen am besten kultivieren konnte. Mit dem deutschen Kabarettisten Dieter Hildebrandt formte er ein legendäres Bühnenduo. Die beiden bildeten mit ihrem sozialdemokratisch gefärbten Kabarett (sprich Kabarett, nicht Kabareh) eine Art Mahnwache in bleierner Zeit. Sie waren Spötter von Geist und Witz, die nicht nur Meinungen, sondern auch Haltungen vertraten. Von 1974 bis 1981 wurde das gesungene und gesprochene Wort zu ihrer schneidend scharfen Waffe. Als neonazistische Propaganda aufkam, sangen sie ihr legendäres „Schlafen Sie gut, Herr Tucholsky!“ (siehe Zitatkasten). Es war ein einmaliges Duo, sprachmächtig und von beinahe einschüchternder Intelligenz. Denn die Wut gehört zum Kabarettisten dazu und die Fähigkeit, aus dem Stand zu einer Tirade ansetzen zu können.

Später kam das Fernsehen, Schneyder war „Club 2“-Moderator, Showmaster und sogar Sportkommentator. Denn der massige Mann wusste nicht nur, wie man Pointen setzt, sondern auch ein linke Gerade: Schneyder war ein großer Box-Fachmann, der lange Zeit als Kampfrichter im Amateurbereich arbeitete. Eishockey war eine weitere Leidenschaft des glühenden KAC-Anhängers. Als Übersetzer von Jacques-Brel-Chansons und Romancier zeigte er sich von der zarteren, poetischen Seite. Seine penible Sprachbehandlung kam ihm dabei stets zugute. Seine pointierten Meinungen machten den „Gentleman-Satiriker“ (Zitat Ottfried Fischer) zum beliebten Interviewpartner. Das und dass er wenig von falscher Bescheidenheit hielt. Dass er im sprachlichen Überschwang einen Titanen wie Thomas Bernhard als „Textbrunzer“ denunzierte, muss ihm nicht nachgetragen werden. Auch der begnadetste Wortmetz hält den Meißel manchmal schief.

Das Theater ließ ihn nicht los, ersetzte zeitweilig seine kabarettistische Arbeit. Er war im Schauspiel und in der Operette unterwegs, die scharfe Zunge behielt er. Aber der von Berufs wegen reizbare Lackl mit der Stehfrisur schien im Alter abgeklärter: Nach der letzten Nationalratswahl über den Rechtsruck in Österreich befragt, meinte er recht gelassen: "Der Rechtsruck liegt im europäischen Durchschnitt und wird nicht von Dauer sein. Wenn sich die Angst als unberechtigt herausstellt, wird sich das wieder normalisieren. Und die Abwahl der Großen Koalition ist ein Segen."

Normalzustand als "Fassungslosigkeit"

Der Mann, der nie um eine Polemik verlegen war, wurde etwas leiser. Er bezeichnete seine politische Heimat als "Vertriebener", seinen Normalzustand als "Fassungslosigkeit". Gestern wurde Werner Schneyder in seiner Wiener Wohnung tot aufgefunden. Wir sind, wie er es war, fassungslos.