Wie gut, dass Geld oft nicht mehr als eine Buchungszeile am Kontoauszug ist, denn kein Mensch könnte diese Säcke voll Geld schleppen. Außer man ist natürlich ein Superheld, dann wäre es recht, aber nicht billig: Allein die Walt-Disney-Studios haben 2018 mehr als 6,15 Milliarden Euro eingenommen. Den Hauptanteil daran stemmten die allgegenwärtigen Superhelden: „Avengers: Infinity War“ und „Black Panther“. Die Helden von heute, sie sind überirdisch, oft ziemlich abgehoben, auch, weil sie zum größten Teil in ganz anderen (Atmo-)Sphären operieren. Da kann einer nur im Hinterhalt darüber lachen, weil er für die schillernde Bühne nicht gemacht ist. Er würde dort auch nicht glänzen, denn ihm fehlt schlichtweg das Glitzercape.

Seine Tarnung ist Programm: Camouflage an Leichtgewicht. Mehr darf ein Schütze seines Kalibers auch nicht wiegen. Aber sein Markenkern, der hat Gewicht: Er nimmt von den Reichen und gibt es den Armen. Er demütigt die Eliten und erhöht dabei die Unterprivilegierten. Sein Name: Robin Hood. Ein Superheld der alten Tage und doch ein immer wieder gern gesehener Gast, auch in Hollywood. Ab kommendem Donnerstag schlüpft der britische Schauspieler Taron Egerton („The Kingsman“, „Eddie the Eagle“) in einer Neuverfilmung in die Rolle des britischen Nationalhelden.

Taron Egerton in der Neuverfilmung von "Robin Hood"

Und doch ist dieser Robin Hood, trotz aller unterschiedlicher Verfilmungen, ein gänzlich anderer Held als jene, die sich in den Universen von Marvel und DC tummeln. Robin Hoods Kapital als Bogenschütze ist sein Talent. Dieses Talent ist irdisch, nicht überirdisch. Doch wer war dieser Outlaw, dieser Geächtete? Den einzelnen, verbürgten Robin Hood, den gibt es nicht. Vielmehr ist er das Produkt von einer ganzen Sammlung an Balladen, die einen Helden besingen.

Ein Klassiker von 1938: „Robin Hood, König der Vagabunden“

Wir wollen nicht vergessen: In einer Präpräprä-Internetzeit war das erste Mittel der Kommunikation die Sprache. Alltagstauglich gesprochen: Mundpropaganda. Und wie wir wissen, ist deren kleine Schwester die charmante Ausschmückung und Überdehnung von Inhalten. In Worte gefasst und umrahmt von schönen Verzierungen goss man das dann in schöne Erzählungen. Zumindest das hat er mit den Superhelden von heute gemein: Er ist eine reine Erfindung, deren Ursprünge sich Anfang des 14. Jahrhunderts in Großbritannien rund um den dunklen Sherwood Forest finden. Über die Jahrhunderte wurde immer weiter an der Legende gefeilt. Mal ist er ein Mann aus dem Volk, mal ein Adeliger, dem alles genommen wurde. Einer, der von unten nach oben blickt und so die Nöte der Unterprivilegierten kennt – weil er unter ihnen weilt. Sein größter Gegenspieler: der Sheriff von Nottingham, ein notorischer Steuereintreiber.

Disney machte seinen Robin Hood 1973 zum Fuchs

So gesehen ist die Legende von Robin Hood zu allen Zeiten aktuell. Hood definiert seine ganz eigene Form der Reichensteuer. Erstaunlicherweise haben sich immer auch jene gern als Robin Hood gesehen, die Teil der kritisierten Eliten sind – die Pfeile wurden übrigens aus allen politischen Himmelsrichtungen abgeschossen. Da hat sich etwa Jörg Haider einst im Fasching als Robin Hood verkleidet und auch im realen, politischen Leben gerne bares Geld verteilt. Aktuell wird dem britischen Labour-Chef Jeremy Corbyn die Robin-Hood-Rolle zugeschrieben. Nicht zuletzt, weil er immer wieder die Robin-Hood-Tax, eine Finanztransaktionssteuer, ins Spiel bringt.

Kevin Kostner gibt 1991 „Robin Hood – König der Diebe“

Robin Hood, ist sein Tun eine Straftat oder schon Politik? Ganz so eindeutig ist das nicht. Zumindest ist er ein Archetyp, den der britische Historiker Eric Hobsbawm schon in den 1960er-Jahren als „Sozialbandit“ romantisch verklärt hat: Robin Hoods Tun ist seiner Meinung nach mehr als eine einfache Almosengabe, sondern eine Form der Kriminalität, die von der Bevölkerung gutgeheißen wird, weil sie als überlebensnotwendige Gegenwehr und somit als gerecht angesehen wird. Das könnte der Volksheld Robin Hood natürlich auch einfacher erklären: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.“

Russell Crowe 2010 in der Verfilmung von Ridley Scott