Vor einigen Tagen bezeichnete Herbert Grönemeyer die Flüchtlingssituation in einem Interview mit der FAZ als einen Glücksfall für Deutschland. Gestern war der Musiker, der in seinem neuen Song auch auf Türkisch singt, bei Armin Wolf in der Zib 2 zu Gast, wo er darüber sprach, weshalb er sich als Künstler politisch engagiert: " Es ist die Aufgabe von Kultur und Kunstschaffenden, das sie versuchen zu artikulieren, was eine Gesellschaft denkt und fühlt", sagte der 62-Jährige. "Künstler machen sich Gedanken, wie eine Zukunft aussehen kann und wie die Stimmung im Lande ist. (...) Kunst ist dafür da, Dinge nach vorne zu treiben."

Auf die Frage,  ob Grönemeyer als privilegierter Millionär nicht leichter reden könne, antwortete er: "Nur weil ich Millionär bin, heißt das nicht, dass ich mir nicht mehr Gedanken machen kann, wie Menschen fühlen. Geld entlässt mich nicht daraus, ob ich mitmenschlich denke. Ich komme aus dem Ruhrgebiet, bin groß geworden mit Menschen aus aller Welt, die Deutschland aufgebaut haben. Auch Österreich ist von Menschen aus sehr vielen Kulturen geschultert worden. Deswegen gehts dem Land auch sehr stabil.Es kann nicht sein, dass sich diese Menschen nicht mehr erwünscht fühlen."

Auf die Frage, wie seine Interviewaussage in Bezug auf den Glücksfall zu verstehen sei, erklärte er: "Wir begreifen die Gesellschaft endlich als eine Familie, um die wir uns Sorgen machen müssen (...) Wir sind humanistisch gefordert und das tut uns gut. Wir sind in einer stabilen wirtschaftlichen Lage und können Schutz bieten." Unser jetziges Zeitalter hält Grönemeyer für "die komplexeste Zeit seit ich lebe."

"Die Christen haben einiges dazu getan, dass es so eine Unruhe auf der Welt gibt"

Hinsichtlich der Kriege im Nahen Osten nahm Grönemeyer auch den Westen in die Verantworung: "Den Krieg im Irak haben Blair und Bush angefangen. Die Christen haben einiges dazu getan, dass es so eine Unruhe auf der Welt gibt."

Die Anfälligkeit für rechtes Gedankengut kommentierte er folgendermaßen: "Ich finde es merkwürdig, dass wir uns von dem rechten Gedankengut aufscheuchen lassen. Wir sind eine erwachsene, aufgeklärte Gesellschaft und müssen jetzt in den nächsten zehn Jahren lernen Haltung zu beziehen."

Frust durch nicht vollzogene Wiedervereinigung 

Die Ursache für die starke Zustimmung, welche die Afd im Osten Deutschlands erfährt, ortet er in einer nicht vollzogenen Wiedervereinigung:  "Wir haben miteinander uns noch nie richtig unterhalten und haben nie den Menschen im Osten zugehört. (...) Die Menschen haben nicht vergessen, wie der Westen mit einer gewissen Arroganz über sie rübergefahren ist. Und das führt auch zu einem Frust, der sich jetzt tragischerweise entlädt in ein Thema, wo es gar nicht hingehört."

Weiters sagte er: "Wir sind ein ganz, ganz junges Land. Wir sind gerade mal 28 Jahre alt. Und das ist sehr zerbrechlich. Und dieses Thema holt uns ein. Und es äußert sich ganz massiv in der Flüchtlingsfrage und hat da nichts zu suchen."

Unterstützung für Angela Merkel

Lobende Worte fand er für Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Ich werde sie vermissen, weil ich glaube, dass sie als Pfarrerstochter sich den Geflüchteten geöffnet hat und sie aufgenommen hat. Das halte ich für eine ganz großartige humanistische Leistung. (...) Und ich glaube, wir werden irgendwann feststellen: Davon, von dieser Kategorie Politiker gibt es nicht viele."

Hier das Interview der Zib 2 in Langfassung zum Nachsehen: