Der russische Starregisseur Kirill Serebrennikow (49) hat in einem umstrittenen Untreueprozess seine Unschuld beteuert. "Ich habe nichts gestohlen", sagte er am Mittwoch in Moskau zu Beginn der Verhandlung. Mit dem international renommierten Theatermacher sind seine Ex-Mitarbeiter Alexej Malobrodski und Juri Itin sowie Sofia Apfelbaum als frühere Beamtin des russischen Kulturministeriums angeklagt.

Die Anklage wirft ihnen vor, bei einem Theaterprojekt 133 Millionen Rubel (ca. 1,7 Millionen Euro) staatlicher Zuschüsse unterschlagen zu haben. Der Staatsanwalt bekräftigte diese Vorwürfe in der Verhandlung, die von vielen Zuschauern, Journalisten und westlichen Diplomaten verfolgt wurde.

Die russische Schriftstellerin Ljudmila Ulitzkaja kam ebenfalls ins Gericht, um ihre Solidarität mit den Angeklagten zu zeigen. Das Vorgehen der Justiz gegen Serebrennikow wird in der russischen Kulturszene als Drohgebärde verstanden. Während der seit 2017 laufenden Ermittlungen waren die Angeklagten in Hausarrest, Malobrodski war anfangs auch in Untersuchungshaft. Zahlreiche westliche Kulturinstitutionen und Künstler haben für Serebrennikow ihre Stimme erhoben.

Kirill Serebrennikow hat in seinem Untreueprozess alle Vorwürfe zurückgewiesen. Er habe "niemals irgendetwas gestohlen", sagte der international bekannte Theater- und Filmemacher  zu Beginn der Hauptverhandlung in Moskau. Im Gerichtssaal befanden sich zahlreiche Künstler und Unterstützer Serebrennikows.

"Ich verstehe nichts - das ist alles, was ich sagen kann", sagte Serebrennikow zu der Anklage der Veruntreuung öffentlicher Mittel. "Meine Schuld erkenne ich nicht an. Ich habe niemals irgendetwas gestohlen." Dem Regisseur drohen zehn Jahre Haft.

Serebrennikow war im August 2017 festgenommen worden - damals drehte er gerade in St. Petersburg einen Film. Seitdem steht er unter Hausarrest. Im November vergangenen Jahres ordnete die russische Justiz an, seine Besitztümer und Konten zu beschlagnahmen. Neben Bargeld und ausländischen Devisen wurden auch die Wohnung und das Auto des Künstlers beschlagnahmt. Auch mehrere seiner Mitarbeiter stehen vor Gericht.

Dem 49-Jährigen wird vorgeworfen, zwischen 2011 und 2014 etwa 130 Millionen Rubel (1,7 Millionen Euro) staatlicher Fördermittel für sein Theater in Moskau veruntreut zu haben. Der Regisseur, der mehrmals am Moskauer Bolschoi-Theater inszenierte, wies die Vorwürfe stets zurück.

Einvernahmen unter Vorsitz der Richterin Irina Akkuratowa hatten hinter verschlossenen Türen stattgefunden. Am Mittwoch begann die öffentliche Hauptverhandlung. Die Staatsanwaltschaft beschuldigte Serebrennikow, zu seiner persönlichen Bereicherung eine "kriminelle Gruppe koordiniert" und das Kulturministerium durch "falsche Informationen" in die Irre geführt zu haben.

Serebrennikow sagte zu den Vorwürfen, die staatlichen Gelder für sein Theaterprojekt seien "immer zu spät gekommen". Darum seien er und andere Theaterleute gezwungen gewesen, selbst in Vorleistung zu gehen. Dieses Geld sei ihnen später zurückerstattet worden.

Serebrennikow stellte sich nie offen gegen Präsident Wladimir Putin, kritisierte aber immer wieder den wachsenden Druck auf den russischen Kulturbetrieb. Mit seinen Inszenierungen, die sich mit Politik, Religion oder Sexualität befassten, wurde Serebrennikow zur Zielscheibe von Behörden und orthodoxer Geistlichkeit.

Ein von ihm inszeniertes Stück über den schwulen sowjetischen Balletttänzer Rudolf Nurejew, der sich 1961 in den Westen absetzte, wurde immer wieder verschoben und offenbar zensiert. Die Premiere am Bolschoi fand im vergangenen Dezember statt - in Abwesenheit des Regisseurs.

Das Vorgehen der Justiz gegen Serebrennikow löst seit längerem heftige Proteste russischer und internationaler Künstler aus, darunter aus Deutschland der Regisseur Volker Schlöndorff und die Schauspielerin Nina Hoss. Sie riefen dazu auf, den Star der russischen Theaterszene umgehend freizulassen.

Beim diesjährigen Filmfestival von Cannes im Mai hatten die australische Schauspielerin und Juryvorsitzende Cate Blanchett sowie die damalige französische Kulturministerin Francoise Nyssen dem Regisseur ihre Unterstützung zugesagt. Als Zeichen der Solidarität zeigte das Festival Serebrennikows Film "Leto" über den sowjetischen Rockstar Viktor Tsoi.