APA: Was muss zwischen dem 25. Oktober und 8. November passieren, damit Sie zufrieden sind?

Eva Sangiorgi: Es müssen viele Leute in den Kinosälen sitzen - das erhoffe ich mir von meinem Debüt. Und natürlich bin ich gespannt auf die Rückmeldungen. Ich bin ja zufrieden mit dem Programm - aber das war halt bis dato nur in meinem Kopf und erwacht erst jetzt so wirklich zum Leben. Schließlich geht es um meine Maßstäbe an das Kino, letztlich auch um meinen Geschmack. Insofern bin ich schon neugierig auf die Reaktionen.

Sie hatten nur sehr kurze Zeit zur Vorbereitung. Welche Idee, die Sie noch nicht verwirklichen konnten, vermissen Sie am meisten?

Sangiorgi: Auch wenn ich nur sechs Monate für die Vorbereitung hatte, bin ich ganz glücklich mit dem Programm. Am Ende ist es besser geworden, als ich erwartet hätte. Ich hatte die Chance, für Projekte zu kämpfen und habe alles bekommen, was ich wollte. In den kommenden Jahren werden sich sicher verschiedene Programme in der Kooperation mit anderen Institutionen etwa im Bereich Tanz oder Kunst entwickeln. Die Dimensionen der Viennale sind enorm, entsprechend auch die Möglichkeiten.

Ist die Festivalausgabe 2018 schon eine echte Sangiorgi-Viennale?

Sangiorgi: Absolut! Das ist ganz mein Festival geworden. Ich habe ja auch nicht bei Null begonnen, sondern hatte vor meiner Berufung schon Filme gesehen. Was ich in den vergangenen sechs Monaten nicht hatte, war ein Privatleben. (lacht) Dafür hatte ich viele Filme.

Zielen Sie für die kommenden Jahre auf Evolution oder Revolution?

Sangiorgi: Es geht ganz sicher um Evolution. Mir liegt der Geist der Viennale, den Hans Hurch kreiert hat, sehr am Herzen. Ich freue mich, diese Flamme weiterzutragen. Ich möchte das Festival in seinem inneren, wunderschönen Kern nicht verändern.

Ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Film etwas, das Sie künftig von Ihrem vorigen Festival FICUNAM in Mexiko City übernehmen wollen?

Was ich dort gemacht habe, war in gewissem Sinne gar nicht so weit entfernt von der Viennale, auch wenn FICUNAM an eine Universität angebunden war. Natürlich werde ich hier kein akademisches Festival machen, aber mich vertieft mit der Ästhetik des Films beschäftigen.

Die Frage, die sich derzeit alle Filmfestivals stellen: Sind die Streaming-Firmen eher Konkurrenz oder Partner?

Das ist eine schwierige Situation. Im Endeffekt beides. Die Menschen haben Zugang zu so vielen Filme wie nie. Ich bin ja noch mit VHS-Kassetten groß geworden, weil viele Filme regulär gar nichts ins Kino gekommen sind. Ein Festival ist aber auch etwas anderes: Ein Ritual, an dem Menschen mit gleichen Interessen zusammenkommen. In diesem Sinne bin ich froh, dass wir einen Film wie "Roma", der von Netflix produziert wurde, bei uns haben. Es ist gut, wenn sie offen sind, die Filme den Festivals zugänglich machen, bevor sie daheim zu sehen sind.

Wie ist Ihr Kontakt zur neuen Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ)? Sprechen Sie schon über das neue Budget?

Sangiorgi: Ich werde mich mit Veronica Kaup-Hasler zusammensetzen. Ihre Energie ist außergewöhnlich, und sie ist mit der Filmkultur sehr vertraut. Insofern bin ich sicher, dass sie das Festival nach Kräften unterstützen wird.

Sie brauchen mehr Geld?

Sangiorgi: Absolut! Das Fundraising ist deshalb auch Teil meiner Aufgabenbeschreibung. Vonseiten der Stadt gibt es große Unterstützung. Hinzu kommen die Ticketverkäufe und die Sponsoren. Da haben wir eine gute Balance.

Hans Hurch stand 20 Jahre an der Spitze der Viennale. Ist das auch Ihre persönliche Zielgröße?

Sangiorgi: Die Zeiten haben sich verändert. Ich gehöre nicht mehr zur Generation dieser großen Dynastien, die über Jahrzehnte ihre Festivals geformt haben. Ich wäre froh, wenn ich hier fünf Jahre oder ein bisschen länger sein kann. Aber die Dinge ändern sich schnell.