Charles Aznavour ist mit "Du lässt dich geh'n" und "La Boheme" zu einem Weltstar des französischen Chansons geworden. Im Alter von 94 Jahren ist der Sänger, Liedtexter und Schauspieler im südfranzösischen Alpilles gestorben, wie die französische Nachrichtenagentur AFP am Montag unter Berufung auf seinen Pressesprecher berichtete.

In seiner mehr als 70-jährigen Karriere hat Aznavour über 1.300 Chansons komponiert, mehr als 180 Millionen Platten weltweit verkauft und in mehr als 60 Filmen mitgewirkt.

Aznavour hat sich mit seiner rauen Stimme ein Weltpublikum erobert. Er galt als "französischer Frank Sinatra" und als Ausnahmekünstler. Mit seinen Tourneen und Alben wie "Das Beste auf Deutsch" feierte der mehrsprachige Künstler auch im deutschsprachigen Raum große Erfolge.

Zeitlebens war er ein Workaholic. Arbeit war sein Leben und hielt ihn jung. "Wer sich langweilt, altert schneller", so seine Überzeugung. In Österreich war Aznavour zuletzt am 9. Dezember 2017 in der Wiener Stadthalle aufgetreten. Die meisten Konzerte seiner heurigen Tournee musste er wegen eines doppelten Armbruchs in Folge eines Sturzes im Mai absagen.

Begegnung mit Edith Piaf

Geboren wurde Aznavour am 22. Mai 1924 in Paris im Quartier Latin. Schon als Neunjähriger sang er im Restaurant seiner armenischen Eltern, einem Sänger und einer Schauspielerin, die vor den Gräueltaten in ihrem Land geflohen waren.

Entscheidend für seine Karriere war die Begegnung mit Edith Piaf, die 1946 auf ihn aufmerksam wurde und ihn auf eine Tournee durch Frankreich und die Vereinigten Staaten mitnahm. Seinen Durchbruch zum Schauspieler schaffte Aznavour im Jahr 1960 mit "Schießen Sie auf den Pianisten" von Francois Truffaut. Mit der Oscar-prämierten Verfilmung "Die Blechtrommel" von Volker Schlöndorff machte er sich auch im deutschsprachigen Raum als Schauspieler einen Namen.

Mit Ehren-Cesar ausgezeichnet

Der Sänger erhielt 1997 mit dem Ehren-Cesar einen der wichtigsten Filmpreise Frankreichs und wurde im Jahr 2017 mit einem Stern am "Walk of Fame" gewürdigt. 2008 gab er seinen Abschied als Schauspieler bekannt. Zuletzt war er 2006 in dem Polit-Drama "Der Oberst und ich" über den Algerienkrieg zu sehen.

Seine Lieder handeln von Liebe, Familie, Randgruppen und Armenien, wo er für sein Engagement 1993 vom Präsidenten der Kaukasusrepublik zum "Sonderbotschafter für humanitäre Aktionen" ernannt wurde. Im Jahr 1995 bestellte ihn die UNESCO zum Sonderbotschafter für Armenien, und seit 2009 war er armenischer Botschafter in der Schweiz. Nach Steuerärger mit Frankreich hatte sich Aznavour bereits in den 1970er-Jahren in der Nähe von Lausanne am Genfer See niedergelassen.

Aznavour war dreimal verheiratet und Vater von sechs Kindern. In einem Interview hatte er sich einmal gewünscht, zu seinem 100. Geburtstag als ältester Sänger auf der Bühne zu stehen. Der Wunsch ist ihm versagt geblieben.

Macron würdigt Einfluss auf Generationen 

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat auf die Nachricht vom Tod des französischen Chansonniers Charles Aznavour betroffen reagiert. Der "in aller Welt" verehrte Aznavour habe "drei Generationen in Freud und Leid begleitet", schrieb Macron am Montag im Kurzbotschaftendienst Twitter. Seine "Meisterwerke, seine Klangfarbe, seine einzigartige Ausstrahlung" würden lange in Erinnerung bleiben.

Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte in Brüssel, er sei "sehr traurig" über Aznavours Tod. "Jahrzehntelang und bis zu seinem letzten Atemzug hat dieser großartige facettenreiche Künstler, Sänger, Komponist und Schauspieler unser Leben mit größtem Vergnügen bereichert", schrieb Juncker. Aznavours "immenses Talent" werde unvergessen bleiben. "Europa hat heute eine seiner schönsten Stimmen verloren", endete Junckers Erklärung.