Es ist ein bisschen wie ein Wandertag zum Krieg. Mehrere Male an diesem Sechseinhalbstunden-Abend schreitet das Publikum die 300 Meter lange Halle mit der blutigen Geschichte ab. Hier haben KZ-Häftlinge nach 1942 Waffen für die NS-Kriegsmaschinerie produziert, die Stahlträger wurden in Kraljevo ab- und in Wiener Neustadt wieder aufgebaut.


Ein imposanteres Setting als die „Serbenhalle“ hätte das Enfant terrible Paulus Manker für sein Mammut-Spektakel „Die letzten Tage der Menschheit“ nicht finden können, hier ist im August auch die 500. „Alma“-Vorstellung zu sehen.


Die Halle samt Gstättn im Außenbereich wird zur mehrstöckigen, sensationellen Spielwiese für rauschende, brennende, dampfende und tosende Kriegsnächte. Raumkonzept-Arrangeur Georg Resetschnig hat eine begehbare Kriegswelt gezimmert: In der Zeitungsredaktion kann man auf klapprigen Sesseln sitzen und auf alten Schreibmaschinen tippen, in die Betten des Lazaretts darf man sich legen und auf offenen Mannschaftswagen wird man aufs Schlachtfeld vor die Halle gerollt, wo die Kriegsschauspiele im Prater ab 1915 simuliert werden. Beim „Café Serbia“ steigt Cevapcici-Grillgeruch auf und in der Küche schneiden Feldköche Zwiebeln für die Eierspeise.

Einladung zum "Leichenschmaus"

Es ist ein überwältigender Parcours der Bildgewalt – von der ersten bis zur letzten Minute. Inklusive kollektiven „Leichenschmauses“ – bei Garnelenspieß, Backhendl und Erdäpfelsalat, Roastbeef und Tiramisu. Eine Stunde lang macht der Krieg dann Pause.


Karl Kraus berichtet in seinem Drama von den körperlichen und moralischen Verwüstungen, die der Erste Weltkrieg angerichtet hat. Auf 800 Seiten und in 220 Szenen charakterisiert er eine Typologie des Krieges: Sieger, Verlierer, Profiteure, Opportunisten, Fake-News-Produzierer und Schreibtischtäter. Manker zeigt 75 Szenen – sich diese alle zu ergehen, ist unmöglich. QR-Codes und ein Buch laden pro Szene zum vertiefenden Weiterlesen ein.
Manker schlachtet Sinnlichkeit unter lautem Getöse aus. Was auf dem Weg vom Spätnachmittagslicht in die Finsternis der Nacht zu kurz kommt, ist die sprachliche Schärfe des Textes. Die 30 Schauspielerinnen und Schauspieler (darunter Franz J. Csencsits und Alexander Wächter) wüten sich in hinreißenden Kostümen (Aleksandra Kica) durch den Abend – nicht alles, was sie sagen, bleibt im Rummel aber verständlich.


Beklemmendster Moment: als im Burschenschaftslokal der „Germania“ jenes Lied angestimmt wird, das zum Rücktritt des niederösterreichischen FPÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer führte.