"Dümmer wird man durchs Bücherlesen eigentlich nicht.“ Der Satz ist Christine Nöstlinger pur: witzig, hintersinnig, unprätentiös. Mehr als 140 Bücher, fast alle für Kinder, hat die Wienerin geschrieben. Wie schade, dass sie jetzt damit aufhören will. Ein Hauptgrund dafür, sagte sie „News“, sei neben ihrem Alter auch der Verlust des Verständnisses für die heutige Lebenswelt der Jungen: „Wie soll ich denn wissen, was Kinder bewegt, wenn sie einen halben Tag lang über dem Smartphone sitzen und irgendetwas mit zwei Daumen drauf tun? Außerdem, wenn ich so höre, was heutige Kinder gern lesen, ist das hauptsächlich Fantasy, und die liegt mir so was von fern“, so Nöstlinger.

Sie mag Fantasy ablehnen, an Fantasie hingegen fehlte es ihr nie: In „Die feuerrote Friederike“, ihrem 1970 veröffentlichten Erstling, fliegt ein dickes, gehänseltes Kind seinen Peinigern einfach davon. In „Wir pfeifen auf den Gurkenkönig“ verbünden sich Kinder gegen einen grünen Kellerdespoten, der den Vater zu vereinnahmen versucht, in „Achtung! Vranek sieht ganz harmlos aus“ entpuppt sich ein strenger Lehrer als Erfinder eines Schülerregulierungsapparats, der die gesamte Kindheit bedroht. Von den „Geschichten vom Franz“ bis zu den Radioerzählungen vom „Dschi-Dschei-Wischer“ war Nöstlingers Schreiben stets ein Plädoyer für kindliche Autonomie, kritisch gegen jede Form von Autorität, wegweisend in Zeiten, als man noch gern mit „harter Hand“ erzog. Ihren Impetus bezog sie aus der bitteren Erfahrung des Nationalsozialismus, der ihre Kindheit prägte - festgehalten in der Autobiografie „Maikäfer, flieg!“. Mittlerweile, findet sie, sei das Kindsein „sehr, sehr anders geworden, und ich verstehe es nicht mehr“. Nachsatz: „Das heißt nicht, dass ich ein abfälliges Urteil über heutige Kinder hätte.“ Das hätte auch wirklich niemand angenommen.