Dabei schien nach dem Lehar'schen Begrüßungsmarsch "Jetzt geht's los" und den scheinbar unvermeidlichen Eigenlob-Tiraden der Honoratioren von Stadt und Land die Post abzugehen: Das Bühnenorchester unter der Leitung von Franz Josef Breznik startete flott in die Ouvertüre und sorgte auch im weiteren Verlauf für einen manchmal dicht gewobenen, aber tragfähigen Klangteppich.

In der Hauptrolle bemüht sich Maya Boog als reiche und resche Erbin Hanna Glawari mit schlanker Stimme redlich um vitale Präsenz, wirkt trotzdem herb-spröde und leidet an wenig vorteilhafter Kostümierung im roten Hosenanzug mit weißem Billigsdorfer-Leiberl. Reinhard Alessandri ist ein stimmlich überzeugender Beau wie aus dem Katalog geschnitten, den Liebhaber nimmt man ihm körpersprachlich dennoch nicht ab. Da hat ihn die Regie sichtlich im Stich gelassen - wie auch manch andere Darsteller, die als veritable Ölgötzen nur Statistenfunktion erfüllen.

Martha Hirschmann als "anständige Frau" Valencienne zählt zu den positiven Komponenten des Abends. Janos Mischuretz kann sich als Njegus behaupten, Wolfgang Gerold verkörpert als bigotter Politikertyp glaubhaft den dämlich-eitlen Baron, der aus Brasilien stammende Tenor Gustavo Quaresma ist ein präsentabler Camille. Beppo Binder bewährt sich einmal mehr als quirlige Stütze des sonst oft zur Staffage degradierten Ensembles.

Etwas halbherzig wird versucht, ein paar aktuelle Bezüge herzustellen. "Der sauft sich durch die EU", muss sich Danilo von Njegus anhören, der die enorme alkoholische Konsumationsliste des verkaterten Grafen vorliest. "Der Innenminister ist mein Freund", droht einer der Herren und wiehert vor Lachen. Ach ja, die berittene Polizei! Das ist nett, aber doch von begrenzter Brisanz.

Wirklich befremdlich ist allerdings das Bühnenbild. Die Glawari haust in einem Wohnwagen, das Fest in Paris findet vor einer Balkangrillhütte statt, die Gäste halten erst Sektgläser, dann Bierdosen in der Hand. Eine Prolo-Fete? Im dritten Akt erweist sich das Maxim als Sektstand im Würstelbuden-Aludesign, was eher an trostlose Szenerien von Edward Hopper erinnert denn an das legendäre Pariser Etablissement. Dass die Grisetten als dümmliche Bienchen gestylt umher hüpfen und Glawari mit der eigenen Airline anrauscht, nimmt man dann auch schon irgendwie gleichgültig zur Kenntnis. Gag as gag can statt Cancan.