Lisa Eckhart hat sich als dunkle Diva mit geschliffenen Texten zum aufstrebenden Star der Kabarettszene aufgeschwungen. Die gebürtige Leobenerin schwebt derzeit auf einer Erfolgswelle durch die deutschsprachigen Kabarett-TV-Formate und Kleinkunstbühnen. Bevor die 25-Jährige am Samstag in Nürnberg mit dem Deutschen Kabarettpreis gewürdigt wird, präsentierte sie in Wien ihr neues Programm.

In der Traditionseinrichtung Niedermair interpretierte Eckhart am Dienstagabend erstmals "Die Vorteile des Lasters". Sie verzichte im Gegensatz zu vielen Kollegen bewusst auf zahlreiche "Vorpremieren" in den Bundesländern, "das Petting des Kabaretts", sondern stelle sich sofort dem großstädtischen Publikum, bevor die Jungfräulichkeit des Programms nur mehr in zerfetzten Hymen auf dem Bühnenboden zu bemessen sei, stellt Eckhart gleich zu Beginn klar. Sie umschiffe die Provinz, in der Sex außerhalb der eigenen Familie als Blutschande gelte.

Die Grenzgängerin zwischen Kabarett und Poetry Slam hat sich eine zynische Bühnenpersona geschaffen, die in markant wienerisch verschliffener Diktion samt bräsigem Falco-Timbre eine machoide Arroganz mit einem provokant zur Schau getragenen Selbstbewusstsein kombiniert. Eckhart ist auf der Bühne eine Diva mit boshaftem Lächeln und der Bewegungschoreografie einer Zarah Leander, die sich bei der Premiere mit einem bis über die Hüfte geschlitzten Kleid als schwarzer Engel mit Federflügeln ausstaffierte. Schließlich ist der Titel ihres neuen Textkonvoluts, "Die Vorteile des Lasters", nicht als Liebeserklärung an Nutzfahrzeugerzeugnisse misszuverstehen, sondern arbeitet sich vielmehr an den sieben Todsünden ab - deren Verschwinden Eckhart bedauert.

"Es war nicht alles schlecht unter Gott", so ihr Statement. Mittlerweile sei die Welt jedoch eine Waldorfschule, in der alles erlaubt sei. Letztlich sei Gott ja ein One-Hit-Wonder wie Lou Bega geblieben und habe nach nur einer Schöpfung aufgehört. Und nun sei das Laster als solches abgeschafft. Sie stelle sich also täglich die Frage, wie man heutzutage noch in die Hölle komme - habe sie dort doch genügend Freunde und Familie, die sie wiedersehen wolle.

Sport sei für sie etwa die Hölle, weshalb die üblichen Argumente der Befürworter in Richtung Glückshormonausschüttung auch nicht gelten würden: "Natürlich geht es mir super nach dem Laufen - weil ich ja dann nicht mehr laufe!" Ähnliches gelte für Partnerschaft, die ja nicht zuletzt der Versorgung im Alter diene und somit im Wesentlichen ein Wettrennen darum sei, wer der Pflegefall sein dürfe und wer der Betreuer sein müsse. Ein Wettlauf ins Verderben, der sich auch nicht durch die Hereinnahme weiterer Partner lösen lasse: "Polyamorie ist für diejenigen, die sowohl für Treue wie auch für den Betrug zu deppert sind."

Und so bleibe nur die Erkenntnis wider die Gesundheitsaposteln, dass ein grüner Smoothie keinen Absinth ersetze und auch die Beruhigungsfloskel "Wahre Schönheit kommt von innen" kein zutreffender Wahlspruch sei: "Von innen kommt nur Kot." Wenn man Kindern umgekehrt den Genuss von Unmengen an Lebensmitteln damit schmackhaft mache, dass man sie auf die Altersgenossen in Afrika verweise, denen solche Freuden verwehrt blieben, führe dies zur Schlussfolgerung: "Wer heute nicht fettleibig ist, ist eine undankbare Sau."

Alles also nicht so einfach in Zeiten, in denen der Zorn durch ein allgemeines Beleidigt-Sein ersetzt wurde und der Schmollmund vom Duckface in den Selfies der Sozialen Medien nicht mehr zu unterscheiden ist. Lisa Eckhart hält dem Ganzen jedoch ihre feinziselierten Texte entgegen, die sie frei vorträgt - und das in rauer Menge. So beehrt der dunkle Engel in den kommenden Wochen landauf landab die Kabarettbühnen. Die Provinz wird dabei allerdings meistens umschifft.

Alle Tourdaten unter: www.lisaeckhart.com