Im Zeitalter der permanenten Selbstdarstellung durch Selfies geht man im Bruseum der Frage nach, wie es um die Selbstdarstellung durch Stift und Papier bestellt ist. Der Begriff "Selbstporträt" ist meist mit einer Erwartungshaltung verbunden, die von der romantischen Kunsttheorie geprägt ist und zeigt, wie sich ein Künstler selbst gesehen hat und sehen wollte.
Die von Roman Grabner kuratierte Schau geht nun den Fragen nach, was es bedeutet, wenn Künstler die Physiognomie ihres Gesichts aufbrechen und verzerren, den Blick auf das Dahinter und Darunter freigeben und sich selbst deformiert und in unheimlichen Mutationen begriffen darstellen. Geht es in diesem Arbeiten nur um die Darstellung des Individuums oder auch um eine Abbildung unserer Zeit?
Erotische Themen
Die Arbeiten von Günter Brus machen deutlich, dass die Selbstdarstellung in der Zeichnung für ihn auch nach dem Ende des Aktionismus ein Thema geblieben ist. Text und Bild ergänzen einander, zu sehen ist oft ein schemenhaft reduziertes Gesicht. Ähnlich wie die Skizzen von Brus zeigen auch die Arbeiten von Chloe Piene zarte Umrisse auf Papier, ihre Zeichnungen beziehen sich oft auf erotische Themen. Paloma Varga Weisz ist bei ihren Arbeiten stark beeinflusst von Darstellungen in mittelalterlichen Kirchen. Die Bildhauerin gibt ihren Holzfiguren oft historische Züge.
Die Selbstdarstellungen von Maria Lassnig waren immer auch Ausdruck ihrer Empfindungen, ihr Körperbewusstsein war immer Zeugnis intensiver Selbstbefragung. Der jüngste Künstler, der in der Ausstellung vertreten ist, GIOM (Guillaume Bruere), missachtet in seinen Arbeiten Größenverhältnisse und schlüpft bei seinen Selbstbildnissen gerne in unterschiedliche Rollen.