Bis heute ist der "Bloomsday" kein gesetzlicher Feiertag - nicht einmal in James Joyces literaturverliebter Heimat Irland. In englischsprachigen Kalendern aber hat es der 16. Juni trotzdem längst zu einem eigenen Eintrag gebracht: Als weltweit einziger Festtag, der einem Roman gewidmet ist.

In Dublin wird der Bloomsday mit Rundgängen zu Schauplätzen des Romans gefeiert - und das gern in historischen Kostümen
In Dublin wird der Bloomsday mit Rundgängen zu Schauplätzen des Romans gefeiert - und das gern in historischen Kostümen © EPA

Und was für einem! Für viele markiert Joyces "Ulysses" den Beginn der Moderne in der Literatur. Der Roman, der in der gängigen Taschenbuchausgabe bei Suhrkamp 987 Seiten umfasst, beschreibt einen einzigen Tag im Leben des Dubliner Anzeigenakquisiteurs Leopold Bloom. Unzählige literarische, historische, politische Anspielungen, der Assoziationsreichtum, das komplexe Spiel mit  Bewusstseinsströmen kennzeichnen das monumentale Werk, das Leser, Kritiker, Übersetzer seit seiner Erstpublikation 1922 immer wieder aufs Neue herausfordert.

Angesetzt hat Joyce den Roman am 16 Juni 1904. Das Datum wählte er aus einem sehr privaten Grund: An diesem Tag war es ihm gelungen, seine spätere Frau Nora zu einem ersten Rendezvous zu überreden. „Das war der Tag, an dem ich einen Mann aus Jim gemacht habe!“, soll sie später Freunden erzählt haben.

Feuchtfröhliche Ausflüge

Als "Bloomsday" gefeiert wurde der 16. Juni erstmals im Jahr 1954: In Dublin unternahm ein Grüppchen irischer Schriftsteller, darunter Flann O'Brien, einen Ausflug zum Martello-Turm in Sandymount, der im Roman eine Rolle spielt.

Seither gibt es in Dublin jährlich feuchtfröhliche Unternehmungen zu Ehren von Joyce und seinem Roman. In der irischen Hauptstadt folgt der Bloomsday sogar einem ziemlich fixen Ablauf - dazu gehört ein Rundgang ab der Adresse Eccles Street Nr. 7 (im Roman Blooms Adresse). Zu den typischen Aktivitäten der Joyce-Verehrer gehört an diesem Tag auch der Erwerb eines Stücks Zitronenseife bei Sweny und die Vertilgung eines Gorgonzolabrots und eines Glases Wein bei Davy Byrne’s in der Duke Street. Hardcore-Fans nehmen, strikt nach Blooms Vorbild, vorab zum Frühstück natürlich bereits eine leicht angebrannte Schweinsniere zu sich.

Wiener Feiertag

In Österreich wird der 111. "Bloomsday" heute immerhin in Wien offiziell gefeiert: "yes I said yes I will yes" (nach den letzten Worten im Roman) heißt die Veranstaltung mit Gustav Ernst, Barbi Markovic, Gabriele Petricek, Jörg Piringer, Judith Nika Pfeifer, Galina & Nikolay Skryl und Christiane Zintzen im Wiener Literaturhaus (19 Uhr).

Wer dafür keine Zeit hat, kann den "Bloomsday" ja mit der Lektüre von Molly Blooms berühmtem Bewusstseinsstrom-Monolog begehen, der das Buch beschließt.

Hier finden Sie den Text im Original.