Zuletzt hatte sich Stone Aktualität und Brutalität der Antike gewidmet: Beim Festival "Theater der Welt" feierte seine australische Produktion von Senecas "Thyestes" als "wildwütendes Pop-Theater von heute, irgendwo zwischen 'Dallas' und "Breaking Bad'" ("Darmstädter Echo") Europa-Premiere, in Oberhausen brachte er die "Orestie" des Aischylos auf die Bühne. Die Intendantendichte im Publikum war ungewöhnlich hoch. Das Resultat: In der kommenden Saison wird der "Liebling der Theatergötter" ("Die Welt") am Hamburger Schauspielhaus, an den Münchner Kammerspielen und am Theater Basel inszenieren.

In Basel wurde Stone 1984 als Sohn australischer Eltern geboren. Als einer von vier Hausregisseuren des in die Schweiz wechselnden Intendanten des Wiener Schauspielhauses, Andreas Beck, wird er künftig immer wieder an die Stätte seiner Kindheit zurückkehren. Neben einer Neuinszenierung von Tony Kushners "Engel in Amerika" wird auch sein "Borkman", der am 28. Mai im Akademietheater Premiere hat, dort zu sehen sein.

Martin Wuttke spielt dabei den alten Ex-Banker Borkman, der nach einem Bankrott wegen Betrugs einige Jahre Haft verbüßt hat und einsam am Dachboden verbarrikadiert auf Rache und Rehabilitation sinnt. Birgit Minichmayr ist seine Frau, Caroline Peters deren Schwester. Sie alle buhlen um den Sohn, den jungen Erhart Borkman (Max Rothbart), und versuchen ihn auf ihre Seite zu ziehen, während dieser verzweifelt der vergifteten Atmosphäre entkommen will. "Wenn man diese Besetzung haben kann, überlegt man nicht lange, sondern greift rasch zu", meint Stone.

Die Finanzkrise hat dem Stück um den gescheiterten Banker in der Lebenskrise zu einem starken Comeback auf den Spielplänen verholfen. "Das Stück wirkt wie ein Prequel zu unserer heutigen Zeit. Alle haben irgendwie Bankrott gemacht, manche sind ins Gefängnis gegangen, andere verstecken sich aus Scham. Das wirkt sehr heutig und hat mich fasziniert", sagt der Regisseur im Gespräch mit der APA.

Doch anders als etwa Karin Henkel in Hamburg, die in ihrer zum Berliner Theatertreffen eingeladenen Inszenierung das Stück mit Gespensterwesen und Gummigesichtsmasken als eine im Bunker spielende düstere Groteske deutete, setzt "The Talented Mr Stone" (so der Titel einer TV-Doku über den Regisseur) bei der Zimmerschlacht an und fühlt sich an Edward Albees "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?" erinnert. "Das Thema kann sehr düster, menschenfeindlich, zynisch sein - aber bei uns wird es nicht nur lustig, sondern auch richtig leidenschaftlich."

Wer nach seiner "Wild Duck" nun "John Gabriel Borkman" sehe, werde einen "Dialog zwischen den beiden Arbeiten" feststellen, sagt der Regisseur. Nicht nur habe er wie immer den Original-Text für seine Bedürfnisse in eine moderne, alltägliche Sprache umgeschrieben, sondern werde "auch diesmal sehr reale Dinge in einem sehr abstrakten Ambiente zeigen: Leute, die miteinander reden und kämpfen. Dabei bricht Ibsen am Ende mit diesem Wohnzimmertheater und pusht es in wilde Fantasieräume. Er jagt Borkman förmlich die Berge rauf, wie in einer mythischen norwegischen Saga, wie in 'Peer Gynt'. Diesen Aufbruch deutet Katrin Brack in ihrer Bühne wunderbar an."

Auf die Fortsetzung braucht nicht allzu lange gewartet zu werden: Eine "Peer Gynt"-Inszenierung von Simon Stone hat am 23. März 2016 in Hamburg Premiere. Kaum drei Monate später bringt er als Kontrastprogramm den Woody Allen-Film "Ehemänner und Ehefrauen" beim Holland Festival in Amsterdam auf die Bühne. Europa scheint den australischen Regisseur nicht so bald loszulassen.

(S E R V I C E - "John Gabriel Borkman" von Henrik Ibsen, Koproduktion des Burgtheaters mit den Wiener Festwochen und dem Theater Basel, Regie: Simon Stone, Bühne: Katrin Brack, Kostüme: Tabea Braun, Mit Martin Wuttke, Birgit Minichmayr, Max Rothbart, Caroline Peters, Nicola Kirsch, Roland Koch und Liliane Amuat, Akademietheater, Premiere: 28.5., 19.30 Uhr, Weitere Aufführungen: 30., 31.5., 1., 4., 6., 7., 8., 13., 14., 18., 20.6., Karten: 01 / 589 22 11, )