Seit etwa 40 Jahren nimmt in West- und Mitteleuropa durch Migration die Zahl jener Mitbürger, die sich als Muslime verstehen, stetig zu. Seit 20 Jahren gibt es hierzulande eine diffuse Angst vor Überfremdung oder gar Islamisierung. In der Dokumentation "Morgenland im Abendland" schaut Josef Hader mit Regisseur Werner Boote dorthin, wo es - zumindest in der Vergangenheit - weitgehend funktioniert hat: nach Andalusien im Süden Spaniens. Zu sehen ist ihr neuer Film am Dienstagabend um 22.35 Uhr in ORF 2.

In Andalusien gab es zwischen 711 und 1492 muslimisch dominierte Reiche - wie das Kalifat von Córdoba und das Emirat von Granada. Trotz bewaffneter Auseinandersetzungen existierte damals ein Jahrhunderte überdauernder Kulturaustausch und somit das friedliche Zusammenleben zwischen den drei Buchreligionen Judentum, Islam und Christentum: "La Convivencia".

Regisseur Werner Boote begleitete Josef Hader
Regisseur Werner Boote begleitete Josef Hader © ORF/Spritzendorfer

"Es haben sich damals auch nicht alle nur gern gehabt", resümiert Josef Hader. "Aber man hat versucht zusammenzuleben und -zuarbeiten, weil es für alle von Vorteil war. Diese Koexistenz der Kulturen hatte eine wirtschaftliche und kulturelle Blüte zur Folge, die in dieser Zeit einzigartig auf der Welt war", sagt der Schauspieler. Doch was, glaubt Josef Hader, könne der Mitteleuropäer von heute aus der Hochkultur der Mauren lernen? "Dass es sich lohnt, sich zusammenzuraufen. Auch wenn es nicht leicht ist."

Hader ist der Meinung, dass Integration ohnedies funktioniert, wenngleich die Stimmung einen anderen Eindruck nahelegt: "Wir haben in Österreich fast 20 Prozent Einwohner mit migrantischem Hintergrund. Wenn die Integration, wie oft behauptet, überhaupt nicht funktionieren würde, müsste eigentlich schon längst alles zusammengebrochen sein. Die Gesellschaft, die Wirtschaft, alles würde dann nämlich nicht mehr funktionieren", sagt Hader, ohne schönzureden: "Es gibt natürlich wichtige Bereiche, wo die Integration überhaupt nicht funktioniert. Aber es ist eine lösbare Aufgabe, da ist die Politik aufgerufen, mehr zu tun. Nicht aus Gutmenschentum, sondern weil das schlicht die Zukunft unseres Landes sichert", fordert der 53-Jährige, aktuell mit dem Kassenschlager "Das ewige Leben" in den Kinos.

Nichts sagen möchte Hader zum Projekt mit dem am 30. März verstorbenen Helmut Dietl. Er hätte den Regisseur in dessen Biografie spielen sollen. "Jetzt sind einmal viele Menschen, auch ich, sehr traurig."

CHRISTOPH STEINER