Die Wiener Regisseurin Vicki Schubert hat für das Stadttheater Klagenfurt bereits die „Komödie im Dunkeln“ sowie „Das (perfekte) Desaster Dinner“ auf die Bühne gesetzt. Nun inszeniert sie das Musical „Victor/Victoria“ rund um Victoria Grant, die in Paris als Travestiekünstler Graf Victor Grazinski Karriere macht. Das Bühnenbild kommt von Stephan Koch, Anne Marie Legenstein steuert die Kostüme bei.
Frau Schubert, „Victor/Victoria“ stammt aus den 1930er-Jahren und wurde mehrfach verfilmt. Was ist der Reiz an dem Stoff?
SCHUBERT: Verkleidungsgeschichten kommen einfach immer gut an. Wobei man sagen muss: In der Theaterliteratur ist es natürlich viel beliebter, wenn sich Männer in Frauenkleider schmeißen, man denke nur an „Charleys Tante“ oder „Manche mögen’s heiß“.
Wie man an Conchita Wurst sieht, ist das ja auch gesellschaftlich gesehen ein aktuelles Thema.
SCHUBERT: Bei Conchita Wurst ist es ja noch mehr, da geht es schon um Fragen wie: Welches Geschlecht hat man wirklich? Was macht man, wenn man sich im eigenen Geschlecht nicht zu Hause fühlt? Da hat sich viel geändert. Vor allem natürlich seit 1933. Damals war es einfach die Geschichte einer Frau, die sich als Mann verkleidet, um als Travestiestar Karriere zu machen. Die ganze Homosexuellen-Geschichte (mehr zum Inhalt siehe Info) war damals draußen. Auch in den ganzen deutschen Verfilmungen hat das wenig Platz gehabt.
Ist diese Aktualität für Sie besonders spannend oder interessiert Sie vor allem die toll erzählte Geschichte?
SCHUBERT: Natürlich ist Aktualität immer reizvoll. Aber ein Musical beschäftigt sich nur peripher mit komplizierten Themen. Aber die Situation der Homosexuellen –das spreche ich im Stück schon ein paar Mal an – war damals ja nicht nur eine Frage von: Ist man homosexuell oder nicht? Ist man tolerant oder nicht? Das war ein strafbares Delikt und hatte eine ganz andere Dimension.
Wie kann sich jetzt ein Laie die Zusammenarbeit zwischen Regisseurin, Bühnenbildner und Kostümbildnerin vorstellen?
STEPHAN KOCH: Wir haben uns vor eineinhalb Jahren das erste Mal getroffen. Da hat jeder einmal seine Vorstellungen erzählt. Aber natürlich gibt der Regisseur den Takt vor. „Victor/Victoria“ ist eine Riesenkiste. Insgesamt haben wir 24 Bühnenszenen und nur drei oder vier Bilder wiederholen sich. Ins Hotel kommen wir öfter einmal, aber zwischendurch sind wir in Chicago, auf den diversen Showbühnen – jede Shownummer sieht man nur ein Mal. Bei Broadway-Musicals ist diese hohe Anzahl üblich.
SCHUBERT: Nur, dass dort pro Bild zwei Millionen Dollar ausgeben werden. Es wird dann aber auch dementsprechend oft gespielt. Wir arbeiten hier natürlich anders. Das ganze Haus hebt zusammen einen Elefanten, da müssen wir alle zusammenhalten, sonst rutscht uns der Elefant ab.


Ich habe gehört, es gibt 140 verschiedene Kostüme?
ANNE MARIE LEGENSTEIN: Ja, die Schneiderei zaubert gerade wie die Hölle. Wir brauchen so viele Kostüme, weil es so viele Tänzer in so vielen verschiedenen Szenen gibt. Vom kostümtechnischen her ist es super, dass wir in den 1930er-Jahren geblieben sind, die haben tolle Schnitte gehabt.
Sie kennen Klagenfurt ja sehr gut . . .
LEGENSTEIN: Ja, ich bin mit Dietmar Pflegerl ans Theater gekommen, erst als Assistentin, dann bis 1999 als Ausstattungsleiterin. Das hier ist mein Zuhause-Theater.
Frau Schubert, Sie haben auch die deutsche Fassung gemacht. Was ist das Besondere daran?
SCHUBERT: Sie ist mehr an den Film angelehnt. Wir haben mehr Tanz- und Shownummern als die Broadway-Fassung. Ich glaube, unsere ist etwas fetziger.
KOCH: Julie Andrews war ja, als sie das am Broadway gespielt hat, 60 Jahre alt. Also hat man sich mehr auf die großen Balladen verlegt als auf die Show-Nummern. Und wir haben ein sehr junges Ensemble, das kann Gas geben. Aber peppiger als Broadway, das wäre jetzt eine Anmaßung.
SCHUBERT: Natürlich. Stephan und ich (Anm.: Stephan Koch und Vicki Schubert sind auch privat ein Team) fliegen gerne, wenn wir ausgepowert sind, nach New York und schauen uns eine Broadway-Show an. Dann weiß man wieder, warum man das macht. Für mich ist das wie eine Vitamin-B-Injektion.
Was haben Sie zuletzt gesehen?
SCHUBERT: „Frankenstein“ von Mel Brooks. Ich habe geweint, weil es so toll war.

INTERVIEW:
MARIANNE FISCHER