Ihre Fans sind die "Cumberbitches" und "Redmayniacs", ihre aktuellen Filme zutiefst britische Produktionen über geachtete Wissenschafter mit schmerzlichen Schicksalen. Auch bei den Oscars stehen sich die Landsmänner Eddie Redmayne und Benedict Cumberbatch als "Beste Hauptdarsteller" einmal mehr gegenüber. Wie so oft, wenn zwei sich streiten, könnte sich heuer ein Dritter freuen: Michael Keaton.

Dem 63-jährigen Michael Keaton spielt vor allem eines in die Hände: Hollywoods große Liebe für große Comebacks. So richtig von der Bildfläche verschwunden ist der US-Schauspieler in den vergangenen Jahrzehnten zwar nie. An Rollen aus den späten 80er-Jahren wie jenen in Tim Burtons "Batman"-Filmen oder "Beetlejuice" sowie Tod Carrolls "Süchtig" konnte er aber nie so recht anknüpfen, wurde stattdessen wiederholt in undankbaren Nebenrollen besetzt, von "Jackie Brown" bis "Robocop". Alejandro Gonzalez Inarritu, der Mann für schwere Stoffe, sollte ihm schließlich eine Rolle anbieten, die nicht besser passen könnte: In der neunfach Oscar-nominierten Tragikomödie "Birdman" spielt ausgerechnet der Ex-"Batman" Michael Keaton den Ex-"Birdman" Riggan Thomson, der seine einer Superheldenrolle zu verdankenden Karriere mit einer eigenen Broadway-Inszenierung wieder beflügeln will. Im realen Leben ist ihm das bereits gelungen: Auf den ersten Golden Globe seiner 40-jährigen Karriere folgte das Engagement als McDonald's-Gründer Ray Kroc in der Filmbiografie "The Founder".

Große Chancen

Den Preis der im Oscar-Voting einflussreichen Schauspielergewerkschaft aber bekam ein anderer: Eddie Redmayne, 33, Brite und relativer Neuling in Hollywood, holte neben dem Golden Globe in der Drama-Kategorie und dem BAFTA-Filmpreis auch die Auszeichnung der Screen Actors Guild. Fiel das ehemalige Männermodel zuletzt als Marilyn Monroes Liebhaber in "My Week With Marilyn" oder als schmachtender Revoluzzer Marius in "Les Miserables" auf, ist es nun - wie so oft - eine physische Verwandlung, die ihm den Preisregen einbringt. In "The Theory of Everything - Die Entdeckung der Unendlichkeit" verkörpert er den an ALS erkrankten Astrophysiker Stephen Hawking - und vollbringt dabei das Kunststück, Hawkings charmante Exzentrik auch im körperlich massiv eingeschränkten Zustand zu übermitteln. Als "größte Ehre seines Lebens" bezeichnete Redmayne die Rolle bei seiner Globe-Dankesrede. Laut Wettbüros sollte er auch für den 22. Februar eine Rede verfassen.

Guter Zweck

Den herbsten Rückschlag im "Briten-Duell" steckte Benedict Cumberbatch vergangenes Wochenende ein, als er bei den BAFTAs leer ausging. Bei sämtlichen wichtigen Preisverleihungen war der als Meisterdetektiv Sherlock Holmes in der BBC-Miniserie "Sherlock" berühmt gewordene Cumberbatch heuer unter den Nominierten, nie aber unter den Favoriten. Der 38-Jährige aber dürfte "the bigger picture" sehen: Statt auf Preisjagd zu gehen, nutzte er seine von Kritikern gepriesene Darstellung des Mathegenies und Enigma-Codeknackers Alan Turing in "The Imitation Game - Ein streng geheimes Leben" für den guten Zweck und unterschrieb einen offenen Brief, der die britische Regierung dazu auffordert, jene zig Tausende homosexuelle Männer zu begnadigen, die wie Turing einst wegen "grober Unzucht" verurteilt wurden. Die nahe Zukunft des Durchstarters, der seine Anfänge wie Redmayne auf der Theaterbühne hatte, sieht auch ohne Goldstatuette rosig aus: Im neuesten Marvel-Superheldenfilm "Doctor Strange" spielt er den Neurochirurgen Stephen Strange, der mit magischen Kräften gegen Feinde kämpft. Und privat stehen Vermählung und Vaterschaft an.

Während Cumberbatch gerne auf die Rolle brillanter Eigenbrötler gebucht wird, hat Steve Carell seine "comfort zone" zuletzt definitiv verlassen. Mit Auftritten als Sidekick in Jon Stewarts "The Daily Show", der Paraderolle als unausstehlicher Chef in der US-Version von Ricky Gervais' "The Office" und Rollen in Blockbuster-Komödien wie "Jungfrau (40), männlich, sucht" und "Anchorman" hat sich der 52-jährige US-Schauspieler als einer von Hollywoods wandlungsfähigsten Komikern etabliert. Auf die ernsten Untertöne als suizidgefährdeter, homosexueller Onkel Frank in "Little Miss Sunshine" folgte nun die erste Drama-Rolle in "Foxcatcher" - und mit ihr die erste Oscar-Nominierung. In dem Psychodrama von Bennett Miller verkörpert Carell nach realem Vorbild den grotesken Millionär, Wrestler-Aficionado und Mörder John du Pont. Bei den Oscars geht Carell zwar als Außenseiter ins Rennen - zahlreiche Türen dürften sich in Hollywood nun dennoch öffnen.

Kein Zweifel am Hollywood-Status besteht bei Bradley Cooper, dem einzigen in der Runde mit früheren Oscar-Nominierungen. Der 40-jährige US-Schauspieler und ehemalige "Sexiest Man Alive" ist heuer gar zum dritten Mal in Folge in einer Darstellerkategorie nominiert - ein Kunststück, das vor ihm nur neun weiteren Herren gelungen ist, darunter Marlon Brando, Gregory Peck und Al Pacino. Jahrelang auf Nebenrollen in mehr oder weniger lustigen Hollywood-Komödien von "Hangover" bis "Zum Ausziehen verführt" beschränkt, brachten ihm Rollen in David O. Russells furiosen Komödien "Silver Linings" und "American Hustle" 2013 und 2014 die ersten Oscar-Nominierungen ein. Als Scharfschütze Chris Kyle in Clint Eastwoods seit US-Kinostart höchst erfolgreichem aber mindestens so umstrittenem Irakkriegsdrama "American Sniper" steigt Cooper nun spät in den Filmpreiszirkus ein - und hat zumindest sämtliche Patrioten auf seiner Seite.