Um kurz vor vier Uhr früh hat der Wecker am Montag bei Dominik Berghofer geläutet - seit fünf Uhr steht er in eine Regenbogenflagge gehüllt vor der Wiener Stadthalle. Das hat ihm immerhin die Pole Position in der Vorverkaufsschlange zum Eurovision Song Contest (ESC) gesichert, Punkt neun Uhr ist er der Erste an den Kassen. Inzwischen steht die Schlange durch das gesamte Foyer und weit nach draußen. "Ich habe immer gesagt, wenn Conchita gewinnt - und daran habe ich immer geglaubt - bin ich der Erste, der hier steht und Tickets kauft", erklärt der junge Mann gegenüber der Austria Presseagentur.

Rund 400 ESC-Fans sind seinem Beispiel gefolgt - "wegen der Stimmung", "weil ich ein riesiger Fan bin" und "weil die Chance, das in Österreich zu haben, sicher nicht so schnell wieder kommen wird". In den Händen halten sie immerhin schon einmal das Formular, auf dem die gewünschten Shows angekreuzt werden sollen, um den Verkauf zu beschleunigen.

Gesittetes Warten in Wien, aber ohne
Gesittetes Warten in Wien, aber ohne "Einordnen lassen" © APA/ROLAND SCHLAGER

"Das erlebt man nur einmal im Leben. Da muss man dabei sein", meint einer der Wartenden. Ein anderer steht "für seine Freundin" an, hinter ihm will ein älteres Ehepaar Karten für Sohn und Enkelkinder kaufen. Endlich an den Kassen angekommen, setzt es für Berghofer und viele andere Fans aber erst einmal eine kleine Enttäuschung: Denn nicht für alle Kategorien können hier und jetzt Karten erworben werden - nur 25.000 der insgesamt 100.000 wurden heute in den Verkauf gegeben, was auch zur einen oder anderen Diskussion und Verzögerung an den Schaltern führte.

Eigentlich wollte Berghofer für sich und seine besten Freunde Finaltickets in der Kategorie A um 290 Euro kaufen, doch diese sind nicht verfügbar. Spontan entscheidet sich der gebürtige Steirer für die Goldtickets um jeweils 100 Euro mehr. "Dafür wird bei den Weihnachtsgeschenken gespart", meint er. Einige Plätze weiter hinten in der Schlange ist die Stimmung nicht ganz so entspannt. "Wir sind gerade ziemlich angefressen", erklären zwei Schüler. Denn auch in den billigeren Kategorien gibt es nicht immer alle gewünschten Plätze, da kann dann auch die kleine Stärkung, die von Stadthallen-Mitarbeitern ausgeteilt wird, nicht trösten.

Für ESC-Karten stand Dominik heute um vier Uhr auf.
Für ESC-Karten stand Dominik heute um vier Uhr auf. © APA/ROLAND SCHLAGER

Bei den meisten überwiegt nach erfolgreichem Kauf dann aber trotzdem die Freude: "Das Feeling wird sicher einzigartig", ist eine junge Frau überzeugt, die nicht nur drei Stunden warten, sondern auch eine Stunde Zugfahrt hinter sich hat. Wer dafür keine Zeit hat, kann sein Glück auch online oder telefonisch versuchen, viele setzen aber dennoch auf das physische Schlange stehen. Nicht zu Unrecht - denn ein gewisses Kontingent ist für die Käufer hier reserviert.

"Der Ansturm ist etwas größer als zuletzt bei Robbie Williams", erklärte Stadthallen-Geschäftsführer Wolfgang Fischer: "Es läuft sehr gesittet ab, es ist so schön zu sehen, wie glücklich die Menschen hier weggehen, wenn sie ihre vier Karten ergattert haben." Um das Warten ein bisschen angenehmer zu gestalten, hat man auch die Halle F und ihre Toiletten aufgesperrt. Mit tatsächlichen Tickets darf heute allerdings noch niemand rechnen: Wer erfolgreich war, bekommt derzeit erst einmal nur eine Kaufbestätigung. Das soll den Kartenhandel am Schwarzmarkt erschweren.

Sicher ist sicher: Sanitäter in der Stadthalle
Sicher ist sicher: Sanitäter in der Stadthalle © APA/ROLAND SCHLAGER

Viel schwieriger gestaltete sich der Vorverkauf im Internet: Über 100.000 Zugriffe aus ganz Europa auf die Homepage der Wiener Stadthalle und auf die Seiten der  Vertriebspartner Ö-Ticket und Wien-Ticket brachten die Server aller drei Seiten zum Absturz. Kurz nach dem offiziellen Verkaufsstart um neun Uhr waren die Seiten teils nicht mehr erreichbar, wie eine Sprecherin der Stadthalle bestätigte. Einige Käufer dürften jedoch durchgekommen sein - denn die Tickets für das TV-Finale waren zu Mittag bereits ausverkauft. Für die anderen Shows gibt es noch vereinzelte Karten.

Wer heute keine Finaltickets bekommen hat, muss aber noch nicht verzweifeln: Ende Jänner wird die nächste Tranche der insgesamt 100.000 Karten frei geschalten, darunter auch wieder Tickets für das begehrte Finale.