Ein wenig erinnern sie an Wladimir und Estragon: "Miller & Pynchon" sind großen Dingen auf der Spur und in der Lage, die Welt mit jedem ihrer wenigen, nüchtern dahingesagten Sätze aus den Angeln zu heben. Theoretisch zumindest. Doch anders als die beiden Beckett-Figuren, die auf Herrn Godot warten, haben der Astronom und Mathematiker Pynchon und der Vermesser Miller bereits ihren Auftrag: Sie ziehen eine Demarkationslinie zwischen dem Norden und dem Süden.

Erinnerungen. Wer sich daran erinnert, dass US-Autor Thomas Pynchon in seinem Roman "Mason & Dixon" über zwei Landvermesser geschrieben hat, die im 18. Jahrhundert eine Linie zogen, die später zur Hauptkampflinie im Bürgerkrieg wurde, befindet sich wohl auf keiner falschen Fährte. "Miller & Pynchon" von Leopold Maurer ist nämlich ein Buch voll intelligenter Anspielungen, schrägen Understatements und trockenen Humors. Und es ist ein Comic.

Ein Comic aus Österreich - schon das ist ungewöhnlich. Ein Comicbuch, das in einem renommierten literarischen Kleinverlag (Luftschacht) herauskommt und sich dezidiert an ein erwachsenes Publikum richtet, ist in einem Land, in dem die meisten Cartoon- und Comic-Zeicher nahezu ausschließlich als Zeitungs-Karikaturisten und Werbe-Illustratoren ihr Können zeigen dürfen, fast schon eine Sensation. Der gezeichnete Roman von Leopold Maurer, 1969 in Wien geboren und Mitglied der Comicgruppe mixer, beweist, welches große Potenzial hier brach liegt.

"Miller & Pynchon" ist ein eigenwilliges, intelligentes Buch mit hohem Unterhaltungswert, dessen reduzierter schwarz-weißer Zeichenstil die Bilder nicht als kunstvolle Miniaturen, sondern als Erzählmittel verwendet. In 20 kurzen, nicht mit Überschriften, sondern mit gezeichneten "Icons" betitelten Kapiteln, versucht das Protagonisten-Duo mit unerschütterlicher Ruhe, Messlatte, Maßband und Entfernungsmesser seiner großen Aufgabe nachzukommen. Dabei kommen ihnen nicht nur lebenslustige Damen und ihre eigene, tragische Vergangenheit, sondern auch absonderliche Gestalten in die Quere. Neben einem riesigen Monster, das Erdbeben auslöst und kellergroße Fußstapfen hinterlässt, ist es ein winziges Krokodil, das sich, anfangs mit einer Bananenschale verwechselt, als Persönlichkeit mit Charakter herausstellt: Kanalkrokodil Hoffmann, voll Lebensfreude und poetischer Begabung, schließt sich den beiden Landvermessern an und wächst dem Leser rasch ans Herz.

Handlung. Als der Auftrag geändert wird und Miller & Pynchon zur Beobachtung des Venusdurchgangs nach Südafrika abkommandiert werden, vergrößert sich nicht nur die Bedeutung ihrer Arbeit ins quasi Überirdische. Bewacht von einem seltsamen, schießwütigen Leibwächterpärchen kommen die beiden auch immer mehr dahinter: Die Welt ist nicht alles, was die Zahl ist. Bitte mehr davon! Und bei der Fortsetzung nicht auf Kanalkrokodil Hoffmann vergessen!