Alfred Gusenbauer, Gerhard Schröder und Franz Vranitzky mussten keine politischen Anspielungen befürchten. Stellt auch Staatsoperndirektor Ioan Holender im Programmheft eine Verbindung zur Finanzkrise her, so geht doch die Neuinszenierung der "Götterdämmerung" jeglicher Aktualisierung aus dem Weg. Regisseur Sven-Eric Bechtolf bleibt auch beim "3. Tag des Bühnenfestspiels" seinem Prinzip treu, Richard Wagners Tetralogie nicht zu deuten und statt dessen ein "episches Kammerspiel" zu inszenieren.

Komplexe Figuren. Sein Bemühen um psychologische Feinzeichnung der Figuren trägt dort Früchte, wo er auf begabte Singschauspieler trifft: Eric Halfvarson und Eva Johansson formen Hagen und Brünnhilde mit hoher Intensität zu außerordentlich komplexen Figuren. Am darstellerischen Unvermögen des Tenors Stephen Gould scheitert aber auch der große Mime Bechtolf als Regisseur, der außerdem bei der Führung des (makellos singenden) Chores an seine handwerklichen Grenzen stößt. Im nüchternen Einheitsraum, den Rolf Glittenberg in der Nornenszene und auf Brünnhildes Felsen als Christbaumschule dekoriert, sieht man im mit Projektionen gelösten Weltenbrand kein Walhall in Flammen aufgehen, in den Tiefen des Rheins aber nach dem Ende der Götter den nackten Menschen als Vertreter eines neuen Zeitalters.

Beifall für Staatsopernorchester. Der 14 Minuten währende Schlussbeifall galt vor allem dem grandios aufspielenden Staatsopernorchester und seinem künftigen Chefdirigenten. Franz Welser-Möst, der sich mit seiner undifferenzierten Technik, zumeist mit zwei symmetrischen Armen den Takt zu schlagen, weitgehend der Möglichkeit begibt, gestaltend einzugreifen, spitzt die dynamischen Kontraste zu. Mit ruhigem Grundpuls bevorzugt er einen schlanken, sängerfreundlich aufgelichteten, in sorgfältiger Probenarbeit präzise im Detail ausgefeilten Klang, dessen Lyrik er warm und weich aufblühen lässt. Wo es nötig ist, bietet er orchestrale Wucht, die im dröhnend auftrumpfenden Trauermarsch kulminiert.

Grandioser Intrigant. Das Ensemble dominiert Eric Halfvarson als grandioser, nicht nur auf seine imposante vokale Kraft setzender Hagen. Mit seinem nie ermüdenden, Glanz und Schmelz verströmenden Tenor lässt Stephen Gould als Siegfried vokal kaum Wünsche offen. Eva Johansson kämpft als Brünnhilde mit schwacher Mittellage und spitzer Höhe. Eindringlich gestaltet Mihoko Fujimura ihren Auftritt als Waltraute, untadelig singt Boaz Daniel den Gunther, Mittelmaß bieten Caroline Wenborne als Gutrune sowie die Nornen und Rheintöchter.