Die langfristig vereinbarte Zusammenarbeit mit René Jacobs, der im Herbst 2009 Rossinis "Tancredi" im Theater an der Wien dirigieren wird und danach Beethovens "Leonore" plant, zählt zu den gelungensten Schachzügen von Intendant Roland Geyer. Der Belgier bescherte ihm jetzt eine exemplarische Produktion von Christoph Willibald Glucks "Orfeo ed Euridice".

Lokalpatriotismus. Die Entscheidung für die Wiener Fassung von 1762 fiel wohl nicht nur aus Lokalpatriotismus. Die Originalversion besitzt die klarsten Strukturen, den schlüssigsten Tonartenplan und die subtilste Orchestrierung, deren Feinheiten Jacobs mit dem exzellenten Freiburger Barockorchester, mit dem er diese bedeutende Reformoper 2001 für harmonia mundi eingespielt hat, nuanciert zum Blühen bringt.

Aufgeraute Dramatik. Zwischen den berückenden Naturlauten des Elysiums und der aufgerauten Dramatik der rhythmisch geschärften Unterweltszenen breitet die Originalklangtruppe eine schillernde Farbpalette aus.

Ausdrucksvoll. Ungemein ausdrucksvoll gestaltet der Countertenor Bejun Mehta die Klagen Orfeos, Miah Persson sichert der Euridice lyrischen Glanz und Sunhae Im stattet den Amor mit Silbertönen aus. Vokal und darstellerisch brilliert der Arnold Schoenberg Chor, den der auf Tänzer verzichtende Regisseur Stephen Lawless auch als Bewegungschor einsetzt.

Starke Bilder. Der Brite, der in der Grazer Oper Donizettis "Liebestrank" und Brittens "Peter Grimes" in Szene gesetzt hat, zeigt den mythischen Sänger Orpheus an einer heutigen Wirkungsstätte. Von Benoit Dugardyn ließ er sich eine Variante des goldenen Wiener Musikvereinssaales als Einheitsdekoration bauen, in dem er mit starken Bildern und Amor als Drahtzieher einen Belastungstest der Beziehung zwischen Orfeo und Euridice inszeniert.